Entscheidungsstichwort (Thema)

Verringerung der Arbeitszeit. befristetes Teilzeitbegehren. Ausschlussfrist gem. § 8 Abs 6 TzBfG

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt ein Arbeitnehmer, nachdem er vom Arbeitsgericht im Rahmen einer Güteverhandlung über ein Teilzeitbegehren i. S. d. § 8 TzBfG darauf hingewiesen wurde, dass sein befristeter Wunsch unzulässig sein dürfte, einen neuen unbefristeten Antrag, so steht diesem die Ausschlussfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG nicht entgegen.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 1, 3-4, 6

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 01.02.2011; Aktenzeichen 6 Ca 320/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 9 AZR 962/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 01. Februar 2011 wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um ein Teilzeitbegehren.

Die Beklagte produziert Backwaren, die sie in zahlreichen Filialgeschäften vertreibt. Der Kläger, der zwei Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren hat, ist seit dem 01. Juli 1999 als Kommissionierer in der Abteilung „Froster” mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden, die sich auf die Wochentage Montag bis Freitag verteilen, beschäftigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 07. Juni 1999 (Bl. 18f d.A.) verwiesen.

Unter dem 19. Juli 2010 beantragte der Kläger die Verringerung seiner wöchentlich zu leistenden Arbeitszeit von 38 Stunden auf 35 Stunden „ab dem 22.10.2010 für zunächst 2 Jahre” und bat, die Arbeitszeit auf die Zeit zwischen 18.00 Uhr und 4.30 Uhr zu verteilen (Bl. 4 d.A.). Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 10. September 2010 (Bl. 5 d.A.) ab.

Mit der beim Arbeitsgericht am 23. September 2010 eingegangenen, der Beklagten am 30. September 2010 zugestellten Klage hat der Kläger sein Begehren gerichtlich weiterverfolgt.

Nachdem der Kläger im Rahmen des Gütetermins vom 29. Oktober 2010 durch die Vorsitzende darauf hingewiesen wurde, dass es in Anbetracht der Befristung des Teilzeitbegehrens an einem ordnungsgemäßen Antrag fehlen dürfte, beantragte der Kläger unter dem 29. Oktober 2010 „vorsorglich nochmals” die Verringerung seiner wöchentlich zu leistenden Arbeitszeit – nunmehr auf Dauer. Wegen des Wortlauts dieses Schreibens wird auf Bl. 25 d.A. verwiesen.

Mit seiner Klageerweiterung vom 16. November 2010 macht der Kläger dieses Begehren als Hilfsantrag geltend.

Die Beklagte lehnte auch diesen Antrag am 21. Dezember 2010 ab.

Der Kläger hat die Auffassung geäußert, beide Antragsschreiben, jedenfalls aber das vom 29. Oktober 2010 erfüllten die Anforderungen nach § 8 TzBfG. Wenn schon nicht vom Wortlaut her, so sei der Antrag vom 19. Juli 2010 doch konkludent als unbefristeter Antrag auszulegen, da die Änderung der Arbeitszeit „zunächst” für zwei Jahre gewünscht wurde.

Der Antrag vom 29. Oktober 2010 stünde auch nicht unter einer Bedingung, denn das Wort „vorsorglich” stelle lediglich eine überflüssige Floskel im Hinblick auf den rechtlichen Hinweis des Arbeitsgerichts dar.

Schließlich stünde auch die Ausschlussfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG dem erneuten Antrag nicht im Wege, da ein nicht wirksam gestellter Antrag diese Frist nicht auslösen könne.

Der Kläger behauptet, betriebliche Gründe stünden seinem Teilzeitbegehren nicht entgegen. Er könne weiterhin in zwei Schichten abwechselnd eingesetzt werden. Im Übrigen werde das Schichtmodell der Beklagten auch keineswegs konsequent angewendet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit des Klägers von 38 auf 35 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit zwischen 18.00 Uhr und 4.30 Uhr (einschließlich einer halben Stunde Pause) von Montag bis Freitag zuzustimmen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit des Klägers von 38 auf 35 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit zwischen 18.00 Uhr und 4.30 Uhr (einschließlich einer halben Stunde Pause) von Montag bis Freitag ab dem 30. Januar 2011 zuzustimmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung geäußert, beide Anträge seien unwirksam, da unter einer Bedingung gestellt. Während der erste Antrag befristet gelten sollte, sei der zweite Antrag nur „vorsorglich”, und damit erneut bedingt gestellt.

Außerdem sei der Antrag gemäß § 8 Abs. 6 TzBfG ausgeschlossen.

Die Beklagte hat behauptet, betriebliche Gründe stünden dem Antrag entgegen. Die Mitarbeiter in der Abteilung Froster arbeiteten in einem wöchentlich roulierenden Schichtsystem mit 5 Schichten. Damit seien die vom Kl. gewünschten festen Arbeitszeiten nicht vereinbar.

Wegen des zu Grunde liegenden Sachverhalts im Übrigen und des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 50 – 52 d.A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich des Hauptantrags abgewiesen, dem Hilfsantrag aber stattgegeben und dies – kurz zusammengefasst – wie folgt begründet:

Im Gegensatz zum – befriste...

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