Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht. Einstweilige Verfügung. Elternzeit. Unterlassung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Weisung an eine teilzeitbeschäftigte Mutter während der Elternzeit, statt wie vereinbart, 2 Tage/Woche an ihrem bisherigen Arbeitsort 24 km vom Wohnort entfernt nunmehr 2 Tage/Woche in London zu arbeiten, ist offensichtlich vertragswidrig und rechtfertigt einen Anspruch auf Unterlassung im Wege der Einstweiligen Verfügung.

 

Normenkette

BEEG § 15; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 09.12.2010; Aktenzeichen 10 Ga 4/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 09. Dezember 2010 – 10 Ga 4/10 – abgeändert:

Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der Einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zu unterlassen, der Verfügungsklägerin ab 01. Dezember 2010 regelmäßig an zwei Werktagen pro Woche das Büro der Verfügungsbeklagten in London als regelmäßigen Beschäftigungsort zuzuweisen und die Verfügungsklägerin bis zum Abschluss des Hauptverfahrens als General Counsel EMEA von Montag bis Mittwoch von ihrem Wohnsitz aus und von Donnerstag bis Freitag von ihrem Wohnsitz aus oder in den Räumlichkeiten der Verfügungsbeklagten B, zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Einstweiligen Verfügungsverfahren um den Beschäftigungsort der Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin).

Die 39-jährige, verheiratete, einer 13-monatigen Tochter unterhaltspflichtige Klägerin ist seit 01. Januar 2008 bei der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) beschäftigt. Bislang arbeitete sie im Büro der Zweigniederlassung der Beklagten in B. Derzeit befindet sie sich bis 05. Dezember 2011 in Elternzeit.

Zu ihren Tätigkeiten und Einsatzmöglichkeiten regelt der Arbeitsvertrag vom 28. November 2007 (Bl. 28 – 38 d. A.) folgendes:

§ 1 Tätigkeit/Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten

Die Mitarbeiterin wird als General Counsel EMEA tätig und wird an den Präsident Europa (gegenwärtig Herr C und funktional an den Group Chief Legal Officer (gegenwärtig Herrn D) berichten. Die Tätigkeit der Mitarbeiterin umfasst die Leitung der Rechtsabteilung des Arbeitgebers sowie die rechtliche Beratung und Vertretung des Arbeitgebers auch im Hinblick auf seine verbundenen Unternehmen im Bereich EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika).

Der Arbeitgeber behält sich vor, der Mitarbeiterin auch andere, ihrer Vorbildung und ihren Fähigkeiten entsprechenden Aufgaben zu übertragen. Arbeitsort ist B, Deutschland.

Der Mitarbeiterin ist bewusst, dass die Ausübung ihrer Tätigkeiten erhebliche Reisezeit erfordern kann. Sie kann an jeden beliebigen Dienstsitz innerhalb der gesamten Unternehmensgruppe in Europa versetzt, bzw. entsandt werden.

Der Mitarbeiterin ist bewusst, dass die Personen in der Eigenschaft als ihre Vorgesetzten und ihr unterstellten Mitarbeiter, sowie ihr bestimmter Arbeitsplatz, Änderungen unterworfen sein können. Ein entsprechender Anspruch der Mitarbeiterin besteht nicht und wird auch nicht im Wege der betrieblichen Übung begründet.

Durch Schreiben vom 17. November 2009 teilte die Klägerin der Beklagten im Hinblick auf ihren für den 08. Dezember 2009 errechnetem Entbindungstermin folgendes mit:

„Ich möchte Dich ferner informieren, dass ich insgesamt zwei Jahre Elternzeit nehmen werde (die Elternzeit), beginnend 4 Wochen nach dem Ende meines Mutterschutzes nach der Geburt. Zum Zweck der Berechnung der Elternzeitperiode werden der Mutterschutz nach der Geburt und mein Urlaub in die Elternzeitperiode einberechnet, da die Elternzeit direkt im Anschluss an meinen Urlaub beginnt.

Während der ersten 4 Monate meiner Elternzeit werde ich 15 Stunden pro Woche (d.h. 3 Stunden pro Tag von Montag bis Freitag) von zuhause aus arbeiten. Nach Ende dieses 4-Monats-Zeitraumes werde ich für einen weiteren Zeitraum von 17 Monaten 30 Stunden pro Woche (d.h. 6 Stunden pro Tag von Montag bis Freitag) arbeiten, wobei ich an drei Tagen pro Woche von zuhause aus und an zwei Tagen pro Woche im Büro arbeiten werde.”

Eine entsprechende Vereinbarung kam zustande.

Die Klägerin erhält in ihrer Teilzeitbeschäftigung derzeit eine monatliche Vergütung in Höhe von 9,562,59 EUR brutto.

Durch Schreiben vom 04. August 2010 (Bl. 93, 94 d. A.) informierte die Beklagte die Klägerin über die Schließung ihrer Niederlassung in B und bot ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in London auf der Basis eines neu abzuschließenden Arbeitsvertrages nach englischem Recht an, der die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung nicht vorsah. Die Klägerin war hiermit nicht einverstanden. Am 15. September 2010 beantragte die Beklagte beim Regierungspräsidium Darmstadt die Zulassung der Kündigung der Teilzeittätigkeit der Klägerin. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Wegen des dort geführten Schriftwechsels wird auf Blatt 153 – 196 d. A. verwiesen.

Durch Schreiben vom 16. November 2010 (Bl. 41 ff d. A.) erhielt die Klägerin folgende Mitteilung der Beklagten:

Wir weisen ...

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