Verfahrensgang

ArbG Kassel (Entscheidung vom 24.11.1982; Aktenzeichen 3 BV 5/82)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Kassel vom 24. November 1982 – 3 BV 5/82 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Antragsgegnerin, in ihrem Betriebe zu … die Polyamid- und Polyesterfaserproduktion auslaufen zu lassen, und über das Begehren des Betriebsrates des Werkes …, die Firma … AG möge die zwischenzeitlich eingestellte Polyamidherstellung in dem genannten Werk wieder aufnehmen und die Reduzierung des Personalbestandes in diesem Betriebe auf eine Polyesterproduktion von acht Spinnenmaschinen wied zurücknehmen. Der antragstellende Betriebsrat geht von einer Erklärung aus, die vom Vorstand der … AG gegenüber dem Antragsteller am 29. Juni 1971 abgegeben wurde. In dieser Erklärung (Fotokopie Bl. 53 der Akten) wird u. a. folgendes gesagt:

„Enka Glanzstoff beabsichtigt,

  1. auch weiterhin die in … vorhandenen Syntheseanlagen bevorzugt gegenüber anderen Werken von … Glanzstoff auszulasten, wobei wir davon ausgehen, daß die vorgesehene Personalreduzierung so schnell wie möglich verwirklicht wird;
  2. neue Anlagen für Polyester- und Perlonfasern bevorzugt in zu errichten, es sei denn, daß zwingende wirtschaftliche Gründe zu gegebener Zeit eine andere Entscheidung erfordern.”

Die Erklärung vom 29. Juni 1971 wird in einer Betriebsvereinbarung vom 17. September 1971 erwähnt. Außerdem hat sich die Antragsgegnerin in einem Schreiben an den Antragsteller vom 19. August 1975 darauf bezogen. Ferner wird die Erklärung vom 29. Juni 1971 in dem Interessenausgleich vom 12. Juli 1976 über die Einstellung der Zellwoll-Spezialtypen-Produktion angeführt. Die Antragsgegnerin strebt nun die stufenweise Stillegung des in Kassel betriebenen Werkes an.

Diesem Bestreben tritt der Antragsteller entgegen. Er ist der Ansicht, es liege eine durch die Erklärungen des Vorstandes der Antragsgegnerin zustandegekommene, vom Betriebsrat angenommene Betriebsabsprache vor. Nach dieser ungekündigten und nicht kündbaren Absprache sei die Antragsgegnerin verpflichtet, die Synthese-Faser-Produktion ihres Unternehmens in … zu konzentrieren und die dort vorhandenen Produktionsanlagen gegenüber anderen Werken ihres Unternehmens vorrangig auszulasten. Eine derartige Betriebsabsprache sei sowohl mit dem Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 als auch mit dem Betriebsverfassungsgesetz vom 15. Januar 1972 vereinbar, da in beiden Gesetzen freiwillige Abreden dieser Art nicht ausgeschlossen würden. Die Verpflichtung der Antragstellerin könne nur dann entfallen, wenn im Bereich der …-Gruppe überhaupt keine Synthese-Fasern mehr hergestellt würden oder wenn die Fortsetzung der Fertigung in … die Existenz der … AG in Gefahr brächte. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Auf Grund der verbindlichen Betriebsabsprache habe die Antragsgegnerin ihre Produktionsanlagen in … im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten und für die Auslastung derselben Sorge zu tragen, so daß ein positives Betriebsergebnis erzielt werden könne. Es sei auch durchaus möglich, im Werk … Synthesefasern unter Vermeidung von Betriebsverlusten wirtschaftlich herzustellen. Bei einer Jahresproduktion von 51.000 Tonnen seien positive Ergebnis zu erwarten. In rechtlicher Hinsicht schließt sich der Antragsteller einer gutachtlichen Stellungnahme des … vom 14. Oktober 1982 (Bl. 60 ff der Akten) an.

Der Antragsteller hat beantragt,

Der Antragsgegnerin zu untersagen, die mit Schreiben vom 15. Oktober 1982 angekündigte Maßnahme zwecks Auslaufens der Polyamid- und der Polyesterfaserproduktion im Standort … und damit die Vorbereitung der Stillegung des gesamten Betriebes in vorzunehmen,

Hierzu hat die Antragsgegnerin zu unterlassen:

  1. Die Polyamid-Produktion in … unmittelbar nach dem 18. November 1982 einzustellen sowie
  2. den Personalbestand im Betrieb … an eine Polyesterfaser-Produktion von 8 Spinnmaschinen anzupassen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

diese Anträge zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, seit 1975 sei die Polyamidfaseranlage die einzige Anlage dieser Art innerhalb der …-Gruppe; das Vorhaben, neue Anlagen für Perlonfasern bevorzugt in … zu errichten, sei damit verwirklicht worden; die seinerzeit geäußerte Absicht, die Syntheseanlagen gegenüber anderen Werken der Antragsgegnerin bevorzugt auszulasten, sei gegenstandslos geworden. Eine verbindliche, zeitlich unbegrenzte und rechtlich durchsetzbare Verpflichtung, den Personalbestand des Werkes … nicht herabzusetzen, könne man weder aus dem Schreiben vom 29. Juni 1971 noch aus den Schriftstücken, welche sich auf diese Erklärung beziehen, entnehmen. Gegen eine Bindungswirkung spreche es auch, daß die Beeinträchtigung der Befugnisse anderer Betriebsräte des Unternehmens zu vermeiden gewesen sei. Schließlich müsse es der Antragsgegnerin auch möglich sein, sich aus zwingenden wirtschaftlichen Gründen von etwaigen Pflichten aus dem Schreiben vom ...

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