2.1 Verletzung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht

Der Arbeitgeber haftet für die zutreffende Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer. Dies bedeutet insbesondere, dass der Arbeitgeber für sämtliche steuerpflichtigen Leistungen den Lohnsteuerabzug durchzuführen, die Lohnsteuer vorschriftsmäßig zu berechnen und sie fristgemäß einzubehalten, anzumelden und abzuführen hat. Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer dann vorschriftsmäßig einbehalten, wenn

  • er die Lohnsteuer entsprechend den ELStAM bzw. ggf. nach einer anstelle der ELStAM vom Finanzamt ausgestellten Papierbescheinigung berechnet und für die Berechnung der Lohnsteuer die für das maßgebende Jahr gültigen Lohnsteuertabellen bzw. nach amtlichen Vorgaben erstellten maschinellen Berechnungsprogramme zugrunde gelegt hat[1] und
  • er in der betreffenden Lohnsteuer-Anmeldung die mit dem Zufluss des Arbeitslohns entstandene Lohnsteuer des Anmeldungszeitraums angegeben hat. Maßgebend für das Entstehen der Lohnsteuer sind dabei nicht die Kenntnisse und Vorstellungen des Arbeitgebers, sondern die Verwirklichung des Tatbestands, an den das Gesetz die Besteuerung knüpft.[2]

     
    Wichtig

    Haftung für pauschalierte Lohnsteuer

    Der BFH[3] hat entschieden, dass die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des z. B. Geschäftsführers einer GmbH begründet. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer. Denn bei der pauschalierten Lohnsteuer handelt es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer.[4] Zudem hat der BFH entschieden, dass sich eine Haftungsbefreiung eines Geschäftsführers einer GmbH nicht auf mangelnden persönlichen Fähigkeiten begründen lässt. Kann ein Geschäftsführer den Anforderungen eines gewissenhaften Geschäftsführers nicht entsprechen, muss er das Amt niederlegen bzw. von der Übernahme der Geschäftsführung absehen.

     
    Wichtig

    Haftung bei Nettolohnvereinbarung

    Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer.[5] Das gilt auch im Falle einer Nettolohnvereinbarung. Bei einer Nettolohnvereinbarung kann der Arbeitgeber für diese Schuld als Haftender in Anspruch genommen werden. Das setzt voraus, dass dessen Haftung soweit reicht.[6] Nimmt das Finanzamt den Arbeitgeber vorrangig als Haftungsschuldner in Anspruch, handelt das Finanzamt in den Fällen einer Nettolohnvereinbarung jedoch ermessensfehlerfrei. Denn der Arbeitnehmer hat einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Befreiung von den Lohnsteuerabzugsbeträgen gegenüber dem Arbeitgeber.

2.2 Weitere Haftungsfälle

2.2.1 Vorangegangene Anrufungsauskunft

Verfährt der Arbeitgeber anders, als es das Finanzamt in einer Anrufungsauskunft beschrieben hat, kann er nicht dadurch einen Haftungsausschluss bewirken, indem er die Abweichung dem Betriebsstättenfinanzamt anzeigt.[1] Ein Haftungsausschluss scheidet ebenso aus, wenn der Arbeitgeber eine Lohnsteuer-Anmeldung vorsätzlich fehlerhaft abgegeben hat und dies ihm zuzurechnen ist.[2]

2.2.2 Abrechnung nach falscher Steuerklasse

Führt der Arbeitgeber trotz fehlender Kenntnis der individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug nicht nach der Steuerklasse VI, sondern nach den Steuerklassen I-V durch, kann der Arbeitgeber nach Ablauf des Kalenderjahres grundsätzlich für die sich nach der Steuerklasse VI ergebende Lohnsteuer in Haftung genommen werden.

2.2.3 Fehlerhafte Angaben im Lohnkonto

Weiter haftet der Arbeitgeber auch für die Lohnsteuer, die er im Wege des Lohnsteuer-Jahresausgleichs etwa zu viel erstattet hat, sowie für die Einkommensteuer, die aufgrund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung zu gering festgesetzt bzw. tatsächlich verkürzt wird. Der Arbeitgeber haftet also auch für Steuerausfälle, wenn er in der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers den Arbeitslohn oder die Lohnsteuer falsch bescheinigt bzw. falsch übermittelt und deshalb das Finanzamt bei der Veranlagung des Arbeitnehmers zu wenig Einkommensteuer erhebt. Ist die fehlerhafte Lohnsteuerbescheinigung ohne Auswirkung geblieben, z. B. weil keine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt wurde, so entfällt auch die Arbeitgeberhaftung.[1]

2.2.4 Fehlende Angaben bei Schwarzlohnzahlungen

Sind keine Angaben im Lohnkonto vorhanden, z. B. bei Schwarzlohnzahlungen, ist die Feststellung der Höhe der nachzuversteuernden Beträge und ihre individuelle Zuordnung auf die einzelnen Arbeitnehmer nicht möglich. In diesen Fällen wird die nachzuerhebende Lohnsteuer nach § 162 AO geschätzt. Eine solche Schätzung kommt insbesondere in Betracht, wenn die Höhe und die E...

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