Der Arbeitgeber haftet gegenüber dem Finanzamt für zu gering einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer, Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag.

Für die lohnsteuerliche Haftung ist ein Verschulden des Arbeitgebers grundsätzlich nicht Voraussetzung; es genügt eine objektive Pflichtverletzung.[1] Er haftet jedoch nur, soweit einer der gesetzlichen Haftungsfälle vorliegt[2] und er seinen Arbeitgeberpflichten nicht nachgekommen ist.

 
Praxis-Beispiel

Ermessensfehlerhafte und daher rechtswidrige Haftungsbescheide

In einem Urteil hat ein Finanzgericht entschieden[3], dass im vorliegenden Fall ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt, weil ein Finanzamt von falschen Tatsachen ausgegangen ist oder ermessensrelevante Punkte nicht festgestellt hat, obwohl dies möglich gewesen wäre.

So hatte es das Finanzamt bei einer Prüfung unterlassen, ermessensrelevante Umstände richtig zu prüfen, z. B. ob die Arbeitnehmer die nicht einbehaltene Lohnsteuer selbst versteuert haben oder nicht. Das Finanzamt hatte wegen nicht versteuerten Arbeitslohns (Lohnsteuerhinterziehung) diverse Haftungsbescheide (gegenüber der GmbH) erlassen, die jedoch rechtswidrig waren.

Die Haftungsschuldnerin (GmbH) hatte es unterlassen, ordnungsgemäße Aufzeichnungen über Löhne zu führen. Das Finanzamt ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass die Lohnsteuer von den Arbeitnehmern nicht mehr erfolgreich eingefordert werden könne. Damit könne das Finanzamt seiner Amtsermittlungspflicht nur erheblich reduziert nachgehen, weil es insoweit nichts mehr zu ermitteln gäbe. Und genau darin bestand der Fehler.

Das Finanzgericht hat die richtige Ermessensausübung in Bezug auf das Entschließungsermessens und Auswahlermessens durch das Finanzamt geprüft und die Haftungsbescheide aufgehoben.

Der Prüfer hätte in einem derartigen Fall sorgfältig prüfen müssen, ob einerseits ein Steuerschaden entstanden ist und ob die Verkürzung nicht nur leichtfertig geschehen ist, etwa weil die Arbeitnehmer den Lohn als Scheinselbstständige als Einkünfte aus Gewerbebetrieb o. Ä. versteuert haben. Demnach hätten die für die Arbeitnehmer zuständigen Wohnsitzfinanzämter prüfen müssen, ob die Arbeitnehmer noch in Anspruch hätten genommen werden können, oder ob diese bereits diese Einkünfte (vielleicht nicht als Lohn, aber aus anderer Einkunftsart) versteuert haben.

1.1 Gesamtschuldnerische Haftung bei Lohnzahlung durch Dritte

Soweit ein Dritter die Pflichten des Arbeitgebers zur Lohnzahlung und Einbehaltung der Lohnsteuer im eigenen Namen erfüllt[1], haftet der Arbeitgeber – neben dem Dritten – auch für die vom Dritten geschuldete Lohnsteuer, beide sind Gesamtschuldner. Für den Dritten sind dieselben haftungsrechtlichen Grundsätze anzuwenden, die nachfolgend für den Arbeitgeber beschrieben sind.[2] Deshalb liegt kein Fehlverhalten des Dritten vor, wenn er den Lohnsteuerabzug entsprechend einer Lohnsteueranrufungsauskunft oder in Übereinstimmung mit den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes erhoben hat.[3]

Die Haftung des Dritten beschränkt sich nur auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat. Dieser Zeitraum endet nicht, bevor der Dritte seinem Betriebsstättenfinanzamt die Beendigung seiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt hat. Betrifft die Haftungsschuld des Dritten mehrere Arbeitgeber, so ist sie bei fehlerhafter Lohnsteuerberechnung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und für nachträglich zu erfassende Arbeitslohnbeträge nach dem Verhältnis dieser Beträge auf die Arbeitgeber aufzuteilen. Für die Geltendmachung der Steuer- oder Haftungsschuld ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten zuständig.

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