Das Günstigkeitsprinzip gilt im Verhältnis von Individualvertrag und Betriebsvereinbarung[1] sowie im Verhältnis zum Tarifvertrag.[2] Es gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag auf einen (günstigeren) Tarifvertrag Bezug nimmt und dieser mit einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag kollidiert.[3] Im Verhältnis Betriebsvereinbarung zu Tarifvertrag gilt das Günstigkeitsprinzip nur eingeschränkt, da hier regelmäßig ein Tarifvorrang nach § 77 Abs. 3 BetrVG, § 87 Abs. 1 BetrVG Eingangssatz zu beachten ist.

Beim Zusammentreffen von Firmen- und Flächentarifvertrag gilt das Günstigkeitsprinzip ebenfalls, da dem Firmentarifvertrag als speziellerer Tarifvertrag Vorrang gebührt.[4]

Im Fall eines Betriebsübergangs (§ 613a BGB) verdrängt ein kongruent (beidseitig) normativ wirkender Tarifvertrag beim Erwerber gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB die inhaltlich identischen Regelungen eines nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich individualrechtlich weitergeltenden Tarifvertrag des Veräußerers.[5] Das Günstigkeitsprinzip findet insoweit keine Anwendung.[6] Dagegen findet das Prinzip Anwendung, wenn es sich um einzelvertraglich vereinbarte Arbeitsbedingungen handelt, die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB beim Erwerber auf normativ wirkende Tarifnormen treffen.[7]

Keine Anwendung findet das Günstigkeitsprinzip schließlich bei ranggleichen Normen, die zeitlich aufeinanderfolgen: hier greift das Ordnungsprinzip, wonach die jüngere Norm die ältere verdrängt.

Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 TVG sind hauptsächlich tarifliche Inhalts-, Abschluss- und Beendigungsnormen, insbesondere der Bereich der Vergütung im weiteren Sinne. Das Günstigkeitsprinzip erlaubt den Tarifvertragsparteien nur die Festlegung von Mindestarbeitsbedingungen. Möglich ist die Anwendung des Günstigkeitsprinzips auch bei Betriebsnormen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen; keine Anwendung findet es bei Normen über gemeinsame Einrichtungen, da hier Lasten und Risiken auf mehrere Arbeitgeber verteilt werden, die nicht durch Einzelregelungen unterlaufen werden dürfen (str.).

[1] Vgl. BAG, Beschluss v. 16.9.1986, GS 1/86; LAG Hamm, Urteil v. 16.2.2012, 15 Sa 1360/11; zum umgekehrten Fall betriebsvereinbarungsoffener Individualabreden vgl. BAG, Urteil v. 5.8.2009, 10 AZR 483/08.
[7] BAG, Urteil v. 12.12.2007, 4 AZR 9998/06.

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