Die oben zitierten Entscheidungen des EuGH vom 14.5.2019 und des BAG vom 13.9.2022[1] werden perspektivisch zu erweiterten, gesetzlichen Aufzeichnungspflichten auch im Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes führen.

Derzeit verpflichtet § 16 Abs. 2 ArbZG, wie vorstehend dargelegt, den Arbeitgeber lediglich, die über die Arbeitszeit des § 3 ArbZG (8 Stunden an Werktagen Montag bis Samstag) hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen. Eine Verpflichtung zur Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Ruhepausen oder des Ausgleichs von Überschreitungen der werktäglichen Arbeitszeit innerhalb des insoweit vorgesehenen Ausgleichszeitraums (6 Kalendermonate oder 24 Wochen; für Nachtarbeitnehmer ein Kalendermonat oder 4 Wochen) besteht hingegen im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes derzeit nicht. Insoweit bleibt auch die gegenwärtige deutsche Rechtslage hinter den Anforderungen des Unionsrechts (hier: EU-Arbeitszeitrichtlinie) in der Auslegung durch den EuGH und das BAG zurück.

Der deutsche Gesetzgeber wird deshalb die Aufzeichnungspflichten des Arbeitszeitgesetzes erweitern müssen. Davon werden voraussichtlich insbesondere Betriebe oder Arbeitsbereiche mit Vertrauensarbeitszeit betroffen sein, in denen keine betriebliche Arbeitszeiterfassung besteht und die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeitszeit nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfasst wird. Denn zukünftig dürften zumindest die Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnungspflichtig werden. Dabei bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber die vom EuGH skizzierten Spielräume bei der Umsetzung der Vorgaben des europäischen Unionsrechts nutzen wird.

Ebenso ist offen, ob der Gesetzgeber im Zuge einer solchen Novelle erweiterte Möglichkeiten für die Arbeitszeitgestaltung (etwa im Rahmen "mobiler Arbeit") vorsehen wird. Bis zu einer solchen Novellierung des Arbeitszeitgesetzes gelten jedoch weiterhin nur die aktuellen (beschränkten) Aufzeichnungspflichten. Soweit bereits jetzt zusätzliche Aufzeichnungspflichten gelten (z. B. Bestimmungen in den Bereichen Mindestlohn oder Arbeitnehmerentsendung) werden diese durch die aktuelle EuGH-Entscheidung nicht berührt.

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