Es stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber frei entscheiden kann, ob er die Sonderzahlungen gewährt oder ob er sich unter bestimmten Voraussetzungen von den Sonderzahlungen wieder lösen kann. Zunächst ist insoweit an die Vereinbarung von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalten zu denken.

3.1 Unterscheidung

Vereinbaren die Parteien einen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt, bedeutet dies, dass die Sonderzahlung lediglich freiwillig vom Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Lohn erbracht wird, was (bei wirksamer Vereinbarung) zur Folge hat, dass kein dauerhafter Anspruch auf die Sonderzahlung entsteht und der Arbeitgeber jedes Jahr neu entscheiden kann, ob er die Sonderzahlung gewähren will.

Während mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt also die Entstehung einer Sonderzahlung für die Zukunft verhindert werden soll, dienen Widerrufsvorbehalte dazu, einen bereits entstandenen Anspruch auf eine Sonderzahlung zu verhindern. Bei einem Widerrufsvorbehalt wird den Arbeitnehmern also grundsätzlich ein Anspruch auf eine Sonderzahlung zugesagt, von dem sich der Arbeitgeber durch das vereinbarte Widerrufsrecht lösen kann.

 
Praxis-Tipp

Keine Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt

Es ist dringend davon abzuraten, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt nach dem Motto "doppelt hält besser" zu kombinieren. Die Klausel, eine Gratifikation sei "freiwillig, jederzeit frei widerrufbar und begründe keinen Rechtsanspruch für die Zukunft" ist widersprüchlich und unwirksam.[1]

3.2 Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte im Arbeitsvertrag

Die Zusage einer Gratifikation erfolgt ohne besondere Hinweise stets verbindlich für die Dauer des Arbeitsverhältnisses.

 
Achtung

Bindung des Arbeitgebers an die Sonderzahlung durch entsprechende Formulierung

Heißt es im Arbeitsvertrag "der Arbeitgeber bezahlt an die Arbeitnehmerin ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Gehalts, zahlbar im November eines jeden Jahres", bindet sich der Arbeitgeber grundsätzlich an die Sonderzahlung.

3.2.1 Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag

Durch das Schuldrechtsmodifizierungsgesetz hat der Gesetzgeber zum 1.1.2002 alle (Formular-)Arbeitsverträge den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) unterworfen.[1] Werden Sonderzuwendungen in vom Arbeitgeber vorformulierten Klauseln im Arbeitsvertrag vereinbart, so gilt auch für die Vereinbarung einer Gratifikation das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers, die zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung nach Satz 1 dieser Vorschrift führt, sich auch daraus ergeben kann, "dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist". Dies galt nach der ständigen Rechtsprechung des BAG auch schon vor der Schuldrechtsreform. Werden z. B. in der Zusage von Jubiläumszuwendungen diese als "freiwillige Sozialleistung" bezeichnet, fehlt es an dieser klaren Formulierung. Sie besagt für den Arbeitnehmer nicht zwingend, dass damit ein Rechtsanspruch ausgeschlossen sein soll. Eine "freiwillige Leistung" kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber ohne tariflichen Anspruch (insoweit freiwillig) eine Gratifikation verbindlich zusagt.[2] Wird im Arbeitsvertrag an einer Stelle eine Gratifikation versprochen und an anderer Stelle die Gratifikation als freiwillig bezeichnet und darauf hingewiesen, dass keine Rechtsansprüche begründet werden, ist dies widersprüchlich und daher unwirksam.[3]

 
Achtung

Widersprüchliche Formulierungen binden den Arbeitgeber an die Sonderzahlung

Heißt es – im Anschluss an das obige Beispiel – im Arbeitsvertrag "Der Arbeitgeber bezahlt an die Arbeitnehmerin ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Gehalts, zahlbar im November eines jeden Jahres. Diese Zahlung ist freiwillig und begründet keinen Rechtsanspruch", so ist diese Klausel unwirksam mit der Folge, dass das Weihnachtsgeld auch weiterhin bezahlt werden muss.

Dasselbe gilt, wenn der Arbeitsvertrag davon spricht, dass bestimmte, in der Höhe genannte Zahlungen "zurzeit gewährt" werden. Die darin (nach Auslegung) liegende vertragliche Zusage von Sonderzahlungen kann nicht durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt eingeschränkt werden.[4]

 
Praxis-Tipp

Arbeitsvertrag deutlich formulieren

Es gilt also, im Arbeitsvertrag deutlich zu formulieren. Begriffe wie "gewähren" oder "zahlen", insbesondere i. V. m. konkreten Zahlen, sollten vermieden werden, um keine unerwünschten Ansprüche zu schaffen.

Es ist daher zu empfehlen, im Arbeitsvertrag wie folgt zu formulieren[5]:

"Die Gewährung sonstiger Leistungen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld oder sonstige Gratifikationen) durch den Arbeitgeber erfolgt freiwillig und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird."

Sofern im Arbeitsvertrag – lediglich bezogen auf Sonderzahlungen im Allgemeinen – ein Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart ist – also eine Vereinbarung, wie die oben stehende –, ist darauf zu achten, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt zusätzlich bei der Gewährung der Leistung erneuert wird. Das BAG hat insoweit ausgeführt: "Der Senat hat bereits Bedenk...

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