[1] Die Juristenausbildung ist zweistufig und gliedert sich in das mit dem ersten Staatsexamen abgeschlossene Jurastudium und den sich anschließenden juristischen Vorbereitungsdienst (Referendariat), in dem die Rechtsreferendare in Pflicht- und Wahlstationen praktisch ausgebildet werden. Der rund zwei Jahre dauernde Vorbereitungsdienst stellt sich als vorgeschriebenes Nachpraktikum i.S.d. Abschnitts 3.4 dar. Der Vorbereitungsdienst wird – mit Ausnahme von Übergangsfällen in Thüringen, in denen die Rechtsreferendare noch im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgebildet werden – im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses durchgeführt. Während Referendare als Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst in allen Versicherungszweigen versicherungsfrei sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), besteht für sie im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 SGB XI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 SGB III. Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs kommt nicht in Betracht. In der Rentenversicherung besteht Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 SGB VI, wenn den Rechtsreferendaren nach Entscheidung (sogenannte Gewährleistungsentscheidung) der obersten Verwaltungsbehörde des ausbildenden Bundeslandes (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI) entsprechend beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 4 SGB VI begründet die Gewährleistung von Anwartschaften Versicherungsfreiheit von Beginn des Monats an, in dem eine Anwartschaft tatsächlich vertraglich zugesichert wurde. Wird den in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehenden Rechtsreferendaren – wie z. B. in Thüringen – keine Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet, unterliegen sie als Beschäftigte zur Berufsausbildung der Rentenversicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI.

[2] Rechtsreferendare stehen auch während der Zeiten in einem (alleinigen) Beschäftigungsverhältnis zu dem ausbildenden Land, in denen die praktische Ausbildung bei Stellen außerhalb von Gerichtsbarkeit und Verwaltung stattfindet. Im Rahmen dieser Beschäftigung sind auch die von den Ausbildungsstellen im Einzelfall ohne Rechtsgrund zusätzlich gewährten Vergütungen (neben der vom Land gewährten Unterhaltsbeihilfe) beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (BSG, Urteil vom 31.3.2015, B 12 R 1/13 R, USK 2015-22); in der Rentenversicherung jedoch nur, sofern keine Anwartschaft auf Versorgung gewährleistet wird, das heißt keine Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 SGB VI besteht. Erweist sich – angesichts bestehender Nebenabreden in der Ausbildungsstation – die zusätzliche Vergütung als Zahlung für eine über den Ausbildungszweck hinausgehende Nebentätigkeit, ist dagegen von einem (weiteren) Beschäftigungsverhältnis zur Ausbildungsstelle auszugehen, das abgrenzbar neben dem öffentlichrechtlichen Ausbildungsverhältnis besteht. Aufgrund dieses weiteren entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses unterliegen die Rechtsreferendare als Arbeitnehmer der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dies gilt für die Rentenversicherung auch dann, wenn im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 SGB VI besteht, denn die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erstreckt sich nicht auf die weitere Beschäftigung außerhalb des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses (Näheres zur Beitragspflicht siehe Punkt 6 der Niederschrift über die Besprechung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 18.11.2015).

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