[1] Die vertrauliche Geburt unterstützt Frauen, die aufgrund von konflikthaften Lebenssituationen ihre Schwangerschaft und Mutterschaft gegenüber ihrem Umfeld (z.B. Familie, Arbeitgeber, Ärztinnen/Ärzte und Krankenkasse) geheim halten möchten und dennoch ihr Kind medizinisch betreut zur Welt bringen wollen. Geregelt wird die vertrauliche Geburt im Abschnitt 6 des SchKG. Danach gibt die Schwangere ihre Identität (Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Anschrift) allein gegenüber ihrer zur Verschwiegenheit verpflichteten Beratungsstelle nach §§ 3 und 8 SchKG bekannt und wählt für das Verfahren der vertraulichen Geburt einen Vor- und Nachnamen als Pseudonym (vgl. § 26 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Nr. 1 SchKG). Damit wird sichergestellt, dass die Identität der Frau gegenüber allen anderen Einrichtungen, Behörden und Personen – und somit auch gegenüber der Krankenkasse – verborgen bleibt. Die Geburtsurkunde wird in diesen Fällen nur mit dem Pseudonym der Mutter ausgestellt (vgl. § 57 Abs. 6 Nr. 20 PStV).

[2] Im Rahmen einer vertraulichen Geburt ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich betroffene Frauen bewusst dafür entscheiden, die Schutzfristen gemäß § 3 MuSchG vor und nach der Geburt nicht in Anspruch zu nehmen. Sie reichen daher grundsätzlich keine Bescheinigung über den voraussichtlichen sowie tatsächlichen Entbindungstag bei der Krankenkasse bzw. gegebenenfalls bei ihrem Arbeitgeber ein. Ohne diese und ohne einen damit im Zusammenhang stehenden Antrag auf Zahlung von Mutterschaftsgeld hat die Krankenkasse grundsätzlich keine Kenntnis über die bestehende Schwangerschaft oder Mutterschaft und kann daher die Anspruchsvoraussetzungen des Mutterschaftsgeldes nach § 24i SGB V nicht prüfen. Damit kann ein eventuell bestehender Anspruch nicht realisiert werden und es kommt zu keiner Auszahlung von Mutterschaftsgeld. Sofern die Versicherte Mutterschaftsgeld ohne Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung bei ihrer Krankenkasse beantragt oder die Bescheinigung ausschließlich mit dem Pseudonym der Versicherten ausgestellt wurde, kann die Krankenkasse einen gegebenenfalls bestehenden Anspruch auf Zahlung von Mutterschaftsgeld nicht abschließend prüfen, da die Bescheinigung als Grundlage hierfür fehlt bzw. durch das Pseudonym keine zweifelsfreie Zuordnung zur Versicherten möglich ist. Eine Zahlung von Mutterschaftsgeld ist daher auch in diesen Fällen nicht möglich.

[3] Arbeitnehmerinnen können zudem ohne einen eindeutigen Nachweis ihren Anspruch auf Freistellung im Rahmen der Schutzfristen nach § 3 MuSchG und den gegebenenfalls zu zahlenden Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 20 MuSchG nicht verwirklichen.

[4] Sofern sich die Versicherte während des Verfahrens der vertraulichen Geburt dazu entschließt, die Geburt nicht mehr vertraulich durchzuführen oder ihr Kind nach der Geburt anzunehmen, muss sie ihre Beratungsstelle hierüber informieren. Ihre persönlichen Daten werden gegenüber allen betroffenen Einrichtungen, Behörden und Personen bekannt gegeben. Es handelt sich dann nicht mehr um eine vertrauliche Geburt. Infolgedessen können die für die Beantragung des Mutterschaftsgeldes erforderlichen Bescheinigungen bei der Krankenkasse ein- bzw. nachgereicht werden. So kann die Krankenkasse den Anspruch auf Mutterschaftsgeld prüfen und dieses bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen zahlen. Ebenso kann der Arbeitgeber den Anspruch auf Freistellung während der Schutzfristen bzw. auf einen gegebenenfalls zu zahlenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld prüfen und gegebenenfalls gewähren. Diese Rechtsfolge entspricht der im § 34 Abs. 3 SchKG vorgesehenen Erstattung der vom Bund übernommenen Kosten durch die Krankenkasse (vgl. Abschnitt 2.2 "Verweisungen").

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge