[1] Die normale Bezugszeit für Mutterschaftsgeld beträgt für die Zeit nach der Entbindung acht Wochen, bei Mehrlingsgeburten oder Frühgeburten jedoch zwölf Wochen. Die Bezugszeit verlängert sich auch auf zwölf Wochen, wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ärztlich festgestellt wird und die Mutter die verlängerte Auszahlung von Mutterschaftsgeld bei ihrer Krankenkasse beantragt (Näheres vgl. Abschnitt 9.2.1.2.1 "Schutzfrist nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung").

[2] Zur Besonderheit von zeitlich auseinanderliegenden Mehrlingsgeburten siehe Abschnitt 9.4.5 "Zeitlich auseinanderliegende Mehrlingsgeburten".

[3] Unter Frühgeburt ist eine Entbindung zu verstehen, bei der das Kind ein Geburtsgewicht unter 2.500 g hat. Diesen Entbindungen sind solche gleichzusetzen, bei denen das Kind trotz höheren Geburtsgewichtes wegen noch nicht voll ausgebildeter Reifezeichen (an Rumpf, Haut, Fettpolstern, Nägeln, Haaren und äußeren Geschlechtsorganen) oder wegen verfrühter Beendigung der Schwangerschaft einer wesentlich erweiterten Pflege bedarf. Bei Mehrlingsgeburten liegt eine Frühgeburt dann vor, wenn mindestens eines der Kinder ein Geburtsgewicht unter 2.500 g hat (Bescheid des BMA vom 5.5.1962 und Schreiben des BMFSFJ vom 16.7.2001).

[4] Das Vorliegen einer Frühgeburt sowie einer Behinderung des Kindes i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist mit der Bescheinigung einer Frühgeburt oder einer Behinderung des Kindes (Muster 9) ärztlich zu bestätigen, sofern es sich nicht zugleich um eine Mehrlingsgeburt handelt.

[5] Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld bei Frühgeburten von zwölf Wochen nach der Entbindung besteht auch dann, wenn es sich um ein totgeborenes oder in der Geburt verstorbenes Kind handelt, sofern bei dem Kind die Anzeichen einer Frühgeburt vorliegen und sein Gewicht mindestens 500 g beträgt oder bei einem Gewicht von unter 500 g die 24. Schwangerschaftswoche[1] erreicht wurde (§ 21 Abs. 2 PStG i.V.m. § 31 Abs. 2 PStV, vgl. BSG, Urteil vom 15.5.1974, 3 RK 16/73). Eine solche Totgeburt ist von der Ärztin bzw. dem Arzt ebenfalls mit Muster 9 zu bescheinigen.

[1] Die Erweiterung des Begriffs einer Totgeburt in § 31 Abs. 2 Nr. 2 PStV, bei der das Gewicht des Kindes unter 500 g beträgt, aber die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde, ist zum 1.11.2018 in Kraft getreten und daher für entsprechende Geburten ab dem 1.11.2018 anzuwenden.

9.4.3.1 Verlängerung der Anspruchsdauer auf Mutterschaftsgeld (§ 24i Abs. 3 Satz 3 SGB V)

[1] Nach § 3 Abs. 2 Satz 3 MuSchG werden die Schutzfristen für die Mütter von acht bzw. zwölf Wochen nach der Entbindung um den Zeitraum verlängert, der nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht in Anspruch genommen werden konnte. Diese Regelung gilt für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und vor dem von der Ärztin, dem Arzt oder der Hebamme bescheinigten voraussichtlichen Entbindungstag entbunden haben, sodass sich die Schutzfrist vor der Entbindung dadurch verkürzt. Durch diese gesetzliche Regelung wird Art. 8 Abs. 1 der EG-Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG umgesetzt, die einen Mutterschaftsurlaub von insgesamt mindestens 14 Wochen ununterbrochen (vor und nach der Geburt) vorsieht.

[2] Parallel zur Verlängerung der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG verlängert sich auch die Anspruchsdauer auf Mutterschaftsgeld bei Frauen, die früher als von der Ärztin, dem Arzt oder der Hebamme vorausberechnet entbunden haben, und zwar um den Zeitraum, der nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht in Anspruch genommen werden konnte (§ 24i Abs. 3 Satz 3 SGB V).

[3] Durch die Regelung des § 24i Abs. 3 Sätze 3 und 5 SGB V ist klargestellt worden, dass der vom voraussichtlichen Entbindungstag ausgehende festgestellte Anspruchsbeginn auf Mutterschaftsgeld (identisch mit Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG) unverändert bleibt (vgl. jedoch Abschnitt 9.2.2.7 "Günstigkeitsprüfung"). Somit ergibt sich der Zeitraum, der nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht in Anspruch genommen werden konnte. Jeweils um diesen Zeitraum verlängert sich die Anspruchsdauer auf Mutterschaftsgeld nach der Entbindung. Dadurch wird grundsätzlich – entsprechend dem absoluten Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 2 Satz 1 oder 2 MuSchG – sichergestellt, dass Mutterschaftsgeld für 14 bzw. 18 Wochen zuzüglich des Entbindungstages gezahlt werden kann..

Beispiel 72 – Verlängerung der Anspruchsdauer bei vorzeitiger tatsächlicher Entbindung

Voraussichtlicher Entbindungstag 24.7.
Anspruchsbeginn auf Mutterschaftsgeld
(auch Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG)
12.6.
Letzter Arbeitstag 11.6.
Entbindungstag 14.7.
Lösung:
Die Schutzfrist ist verkürzt vom 12.6. bis 13.7.
Dadurch werden 10 Tage nicht in Anspruch genommen (14.7. bis 23.7.).
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld von 8 Wochen nach der Entbindung (Ende 8.9.) verlängert sich um 10 Tage und endet nunmehr am 18.9.

[4] Wurde das Mutterschaftsgeld erst nach der Entbindung beantragt, ist für die Anspruchsdauerberechnung bei einer vorzeitigen Entbindung vom voraussichtlichen Entbindungstag, der sich aus der Bescheinigung nach § 3 Abs. 1 Sat...

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