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Bei den Vollstreckungstiteln auf Herausgabe (§§ 883ff. ZPO), auf Vornahme von Handlungen (§§ 887, 888 ZPO), auf Duldung oder Unterlassung (§ 890 ZPO) und Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) ist die Vollstreckungsart vorgegeben. Insoweit kann auf die Kommentierung der einzelnen Vorschriften und die beigefügten Muster Bezug genommen werden.

1. Die Wahl der Vollstreckungsart kommt in Betracht bei den Zahlungstiteln

Bei Vorhandensein von Grundvermögen empfiehlt es sich in fast allen Fällen, die Eintragung einer Sicherungshypothek (§§ 866, 867 ZPO) zu betreiben (Mindestbetrag EUR 750 beachten!). Das hat folgende Vorteile:

  • Rangsicherung gegenüber Zugriffen anderer Gläubiger
  • Vorrangstellung des Realgläubigers bei künftiger Zwangsversteigerung oder -verwaltung (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG)
  • Druckmittel
  • auch im Wege der Sicherungsvollstreckung möglich
  • schnellste Vollstreckungsmaßnahme in unbewegliches Vermögen
  • Möglichkeit, auch ohne Duldungsklage Zwangsversteigerung zu betreiben (§ 867 Abs. 3 ZPO)

Die Zwangsversteigerung in das Grundstück sollte nur dann betrieben werden, wenn angenommen werden kann, dass der Gläubiger aufgrund des Ranges seiner Sicherungshypothek durch das Meistgebot noch gedeckt ist. Ein Duldungstitel ist in den meisten Fällen nicht mehr notwendig (§ 867 Abs. 3 ZPO). Ist er auch weiterhin notwendig (vgl. § 867 Rn. 22), kann der Gläubiger bei eigenem Antrag den Rang der Sicherungshypothek auf Zwangsversteigerung nur dann beanspruchen, wenn er einen Duldungstitel hat.

2. Sach- oder Forderungspfändung?

Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile bei den beiden am häufigsten vorkommenden Pfändungsarten spielt zunächst die konkrete Situation eine Rolle.

  1. Vorteile der Sachpfändung

    • Wertgegenstände können schnell und leicht "verwertet" werden
    • Möglichkeiten des Gerichtsvollziehers, nach § 806a ZPO zu verfahren, damit erhält der Gläubiger u. U. weitere Informationen
    • Möglichkeit des Gerichtsvollziehers, Ratenzahlung zu vereinbaren (§ 802b ZPO), wenn der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen hat
    • Erleichterung der anderweitigen Verwertung durch den Gerichtsvollzieher (§ 825 ZPO); Antrag auf Sachpfändung kann mit einem Antrag auf sofortige Abnahme der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher verbunden werden (§§ 807 Abs. 1, 802e, 802f ZPO).
    • Bei Fruchtlosigkeit kann auch der sofortigen Abnahme der Vermögensauskunft widersprochen werden (§§ 807 Abs. 2, 802f ZPO).
  2. Nachteile der Sachpfändung

    • weitreichender Pfändungsschutz (§ 811 Abs. 1 ZPO); Ausnahme: Verkäufer vollstreckt wegen einer durch Eigentumsvorbehalt gesicherten Geldforderung aus dem Verkauf (§ 811 Abs. 2 ZPO)
    • Vollstreckungsverfahren kann lange dauern, Gerichtsvollzieher ständig überlastet
    • Vollstreckungsverfahren wenig beeinflussbar
    • Sachpfändung führt bei höheren Forderungen selten zur Befriedigung
  3. Vorteile der Forderungspfändung

    • Einleitung durch Vorpfändung (§ 845 ZPO) ermöglicht schnellen Zugriff
    • auch sonst in der Regel erfolgversprechender als Sachpfändung
    • Druckmittel bei Pfändung von Arbeitseinkommen wegen Ansehensverlust
    • Möglichkeit, Konten zu pfänden; Druckmittel bei Kaufleuten, Rufschädigung bei Bank
    • Pfändung auch zukünftiger Forderungen möglich
    • Pfändung auch in einem Beschluss bei mehreren Drittschuldnern möglich (§ 829 Abs. 1 Satz 3 ZPO); dadurch Kostenersparnis
    • Pfändungsfortwirkung bei Beendigung und Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses innerhalb von neun Monaten (§ 833 Abs. 2 ZPO)
    • Möglichkeit der Auskunftsoffenbarungsversicherung zur Erlangung von Informationen durch den Schuldner (§ 836 Abs. 3 ZPO)
    • vereinfachter Vollstreckungsauftrag bei Vollstreckungsbescheiden (§ 829a ZPO)
  4. Nachteile der Forderungspfändung

    • ausgeklügeltes System des Pfändungsschutzes, insbesondere bei Arbeitseinkommen
    • Pfändungsschutzkonto des Schuldners möglich (§§ 850k, 850l ZPO)
    • reicht nicht als "Vorstufe" zum Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
    • wenn Drittschuldner nicht leistet, muss erneut ein Rechtsstreit geführt werden, Beweisschwierigkeiten in diesem Prozess
    • setzt ein Mehr an Informationen über den Schuldner voraus

Beachte: Es sollte immer auch an eine Kombination von Sach- und Forderungspfändung gedacht werden. Beim Vollstreckungsgericht kann der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt werden. Zugleich kann beim Gerichtsvollzieher Antrag zur Sachpfändung, verbunden mit dem Antrag auf Sofortabnahme der eidesstattlichen Versicherung gestellt werden. Da der Vollstreckungstitel nicht sogleich vorgelegt werden kann, wird empfohlen, sich die Nachreichung des Vollstreckungstitels nach Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vorzubehalten. Der Gerichtsvollzieher kann dann den Antrag in seine Terminplanungen aufnehmen und einen Schuldnerbesuch vormerken. Das ist wichtig, weil der Gerichtsvollzieher die Anträge nach der Zeitfolge des Eingangs bearbeiten muss. Schließlich kann der Gläubiger auch mit einer weiteren Ausfertigung des Vollstreckungstitels (§ 733 ZPO) die Vollstreckung an verschiedenen Orte...

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