1 Normzweck

 

Rz. 1

Die Vorschrift dient dem Schutz des Drittschuldners bei mehrfacher Pfändung der nämlichen Forderung eines Schuldners (MünchKomm/ZPO-Smid, § 853, Rn. 1). Grund ist, dass er bei der Pfändung durch mehrere Gläubiger Gefahr läuft, an den nicht so berechtigten Gläubiger zu leisten und mehrfach leisten zu müssen, da ihn seine Leistung nicht befreit (OLG Düsseldorf, Rpfleger 1992, 214). Darüber hinaus ist die Beurteilung von Bevorrechtigungen und von Rangfolgen in den meisten Fällen nicht einfach. Der Drittschuldner wird deshalb berechtigt und auf Verlangen eines der Gläubiger verpflichtet, den Schuldbetrag zu hinterlegen. Das Hinterlegungsverlangen nach § 853 ZPO stellt eine besondere Art des Einziehungsprozesses dar (OLGR Stuttgart 1999, 242). Zur Zuständigkeit vgl. auch § 856 Rz. 4. Damit sind dann die Voraussetzungen für ein Verteilungsverfahren nach den §§ 872 ff. ZPO geschaffen.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Der Anwendungsbereich der Norm ergibt sich nach deren Wortlaut erst bei einer mehrfachen Pfändung. Ein Schutzbedürfnis des Drittschuldner besteht allerdings auch bei einer Beschlagnahme nach § 111b Abs. 1, 3 StPO, soweit eine Zwangsvollstreckung der Tatopfer nach § 111g Abs. 1, 2 StPO in Betracht kommt (OLG Düsseldorf, Rpfleger 1992, 214). Darüber hinaus ist eine Hinterlegung auch dann zulässig, wenn Unklarheit über die Wirksamkeit einer Pfändungsmaßnahme besteht (OLGR Frankfurt 2004, 250). Eine Anwendbarkeit scheidet hingegen aus, wenn die Forderung des Schuldners gepfändet und außerdem an einen Gläubiger abgetreten ist (LG Münster, Rpfleger 1995, 78; AG Köln, MDR 1966, 931; RGZ 144, 393). In solchen Fällen kann eine Hinterlegung lediglich nach § 372 BGB erfolgen, bei der allerdings ein Verteilungsverfahren gem. §§ 872 ff. ZPO nicht stattfindet. Der Unterschied zu § 853 ZPO besteht darin, dass nach § 372 BGB ein Schuldner Geld für den Gläubiger hinterlegen kann, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Hierbei muss jedoch der Hinterlegende deutlich zum Ausdruck bringen, dass der Antrag auf Annahme des Betrages zur Hinterlegung gestellt werde, weil die Person des Gläubigers strittig sei (OLG Köln, InVo 1998, 327). § 853 ZPO gilt bei der Abgabenvollstreckung nach § 320 AO auch dann entsprechend, wenn die Forderung durch die Behörde im Verwaltungsvollstreckungsverfahren gepfändet worden ist.

 

Rz. 3

Da eine Überweisung (vgl. § 835 ZPO) nicht erforderlich ist, kommt eine Hinterlegung auch im Rahmen einer Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO oder einer Arrestvollziehung nach § 930 ZPO in Betracht.

3 Voraussetzungen

 

Rz. 4

Damit der Drittschuldner eine Hinterlegung vornehmen kann, muss die Pfändung einer Geldforderung des gleichen Schuldners für mehrere Gläubiger vorliegen (OLGR Köln 1998, 38). Pfändet nur ein einziger Gläubiger, kommt eine Hinterlegung nach § 853 ZPO nicht in Betracht.

4 Hinterlegungsverfahren

 

Rz. 5

Der Drittschuldner, der sich mehreren Pfändungsgläubigern gegenüber sieht, hat bei Unsicherheit zwei Möglichkeiten:

  • entweder er hinterlegt freiwillig (1. Alt; "kann") oder
  • er hinterlegt auf Verlangen – verpflichtend – eines Gläubigers, dem die Forderung überwiesen wurde (2. Alt.). In diesem Fall bedarf es für das Hinterlegungsverlangen eines Gläubigers keiner bestimmten Form. Kommt der Drittschuldner dem Verlangen nicht nach, so ist jeder Gläubiger berechtigt, Klage gem. § 856 ZPO zu erheben.
 

Rz. 6

Hinterlegen darf der Drittschuldner nur denjenigen Teil der Forderung seines Gläubigers (des Schuldners), der der Pfändung unterworfen ist. Zu hinterlegen ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichtes, da § 853 ZPO keine örtliche Zuständigkeit beinhaltet. Das Verfahren ist geregelt in den einzelnen Hinterlegungsgesetzen der Länder.

 

Rz. 7

Folgende Bundesländer haben Hinterlegungsvorschriften erlassen:

  • Bayern: Bayerisches Hinterlegungsgesetz BayHintGvom 23. November 2010; in Kraft seit dem 1.12.2010 (BayGVBl. Nr. 20/2010 v. 30.11.2010, S. 738) mit Vollzugsvorschriften zum Bayerischen Hinterlegungsgesetz (BayHiVV) (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 4.11.2010, 3860 – I – 12445/2009)
  • Baden-Württemberg: Hinterlegungsgesetz für das Land Baden-Württemberg (HintG BW, Artikel 1 des Gesetzes v. 11.5.2010 (GBl. S. 398), in Kraft getreten am 1.12.2010)
  • Brandenburg: Brandenburgisches Hinterlegungsgesetz BbgHintG, v. 3. 11.2010; in Kraft seit dem 1.12.2010 (GVBl.I/10, Nr. 37)
  • Bremen: Hinterlegungsgesetz Bremen (BremHintG, v. 31.8.2010; in Kraft seit dem 1.12.2010 (Brem.GBl. S. 458))
  • Hamburg: Hinterlegungsgesetz (HambHintG, Gesetz v. 25.11.2010 zur Einführung eines Hinterlegungsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze (HmbGVBl. Nr. 43 vom 30.11.2010, S. 614)
  • Hessen: Hessisches Hinterlegungsgesetz (HessHintG, v. 8.10.2010; in Kraft seit dem 1.12.2010 (GVBl. I 2010, 306; Gliederungs-Nr.: 234-5)
  • Mecklenburg-Vorpommern: Hinterlegungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (HintG M-V, v. 9.11.2010; i...

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