Rz. 48

Es ist das gesetzlich vorgegebene Muster gem. § 2 Nr. 1 ZVFV für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zwingend zu verwenden (§ 829 Abs. 4 ZPO). Die Durchführung der Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel gegen den Unterhaltsverpflichteten führt keineswegs automatisch dazu, dass dessen Arbeitseinkommen in dem erweiterten Umfang der Vorschrift des § 850d ZPO gepfändet wird. Wird lediglich Pfändung beantragt, erfolgt sie ausschließlich im Rahmen des § 850c ZPO. Das Vorrecht muss im Pfändungsantrag geltend gemacht werden. Der Unterhaltsgläubiger hat durch die Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Formulars die Wahl, ob er eine Pfändung nach § 850c ZPO oder nach § 850d ZPO betreiben möchte. Das amtliche Formular besagt nicht, dass dieser Formularvordruck ausschließlich für Pfändungen wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche nach § 850d ZPO zu verwenden ist, d. h. bei Benutzung dieses Formulars stets die Pfändung nach § 850d ZPO erfolgen soll. Der Formularvordruck ist vielmehr auch für Pfändungen nach § 850c ZPO entworfen worden. Das Formular enthält weder einen fest vorgegebenen Pfändungsantrag nach § 850d ZPO noch einen (durch Ankreuzen) wählbaren Pfändungsantrag nach § 850d ZPO (vgl. LG Hamburg, JAmt 2016, 403 = Vollstreckung effektiv 2017, 49).

 

Rz. 49

Um den Nachweis der Vollstreckungsprivilegierung eines Unterhaltsanspruchs gemäß § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erbringen, muss der Gläubiger einen Titel vorlegen, aus dem sich – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – ergibt, dass der Vollstreckung ein Unterhaltsanspruch der in § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Art zugrunde liegt (BGH, MDR 2012, 1370 = FamRZ 2012, 1799 = Rpfleger 2012, 696 = NJW 2013, 239 = FF 2013, 26 = FamRB 2012, 372 = FamFR 2012, 523 = ZAP EN-Nr 647/2012 = FuR 2013, 101 = FoVo 2013, 31). Der BGH wendet somit für das Vollstreckungsprivileg des § 850d ZPO dieselben Grundsätze an wie für eine privilegierte Pfändung nach § 850f Abs. 2 ZPO (BGH, NJW 2005, 1663 = Vollstreckung effektiv 2005, 97 = ZInsO 2005, 538 = FamRZ 2005, 974 = Rpfleger 2005, 370 = ZVI 2005, 253 = WM 2005, 1326 = VuR 2005, 225 = InVo 2005, 326 = JurBüro 2005, 437 = MDR 2005, 1014 = JZ 2006, 423 = NZI 2006, 123 = NJW 2005, 1663 = ZInsO 2005, 538; vgl. auch § 850f Rz. 30). Daher ist ein Vollstreckungsbescheid als Titel nicht geeignet, eine privilegierte Pfändung des Arbeitseinkommens des Schuldners nach der Norm zu begründen. Es kann insoweit lediglich nach § 850c ZPO gepfändet werden (LG Hannover, Beschluss v. 9.12.2013, 55 T 82/13 – Juris; LG Leipzig, DIJuF, JAmt 2014, 86; zur Ausnahme bei Vollstreckung übergegangener Unterhaltsansprüche nach § 7 UVG vgl. auch Rz. 21 f.). Weiter muss der Gläubiger im Einzelnen darlegen, nach welchen Gesichtspunkten der dem Schuldner zu belassende "notwendige Unterhalt" und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten (vgl. § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO)zu bemessen ist. Notwendig sind Angaben zur Zahl der vorrangig und gleichrangig berechtigten Unterhaltsgläubiger, zur Art der Tätigkeit des Schuldners und zu bekannten besonderen Umständen, die auf die Höhe des Freibetrags des Schuldners einen Einfluss haben können. Hinsichtlich der Rangfolge mehrerer nach § 850d Abs. 1 ZPO Unterhaltsberechtigter bestimmt § 850d Abs. 2 BGB, dass diese mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 BGB und § 16 LPartG zu berücksichtigen sind. Damit macht diese Vorschrift die Prüfung der materiell-rechtlichen Rangfolge zum Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens; anderenfalls könnte der dem Schuldner nach § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO zu belassende Einkommensanteil im Vollstreckungsverfahren nicht bestimmt werden (BGH, MDR 2012, 1370 = FamRZ 2012, 1799 = Rpfleger 2012, 696 = NJW 2013, 239 = FF 2013, 26 = FamRB 2012, 372 = FamFR 2012, 523 = ZAP EN-Nr 647/2012 = FuR 2013, 101 = FoVo 2013, 31). Auch die Gesetzesmaterialien belegen, dass die materiell-rechtliche Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter im Vollstreckungsverfahren zu prüfen ist. Im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts ist die Neufassung von § 850d Abs. 2 ZPO wie folgt begründet worden: "Die in § 850d Abs. 2 ZPO enthaltene Rangfolge zwischen pfändenden Unterhaltsgläubigern wird, da die materiell-rechtliche Regelung und das Zwangsvollstreckungsrecht übereinstimmen müssen, mit der neuen, durch den Entwurf geschaffenen unterhaltsrechtlichen Rangfolge (§ 1609 BGB, § 16 LPartG) in Einklang gebracht." (BT-Drucks. 16/1830 S. 36 li. Sp.; vgl. auch schon BT-Drucks. 5/3719 S. 50 re. Sp.). Das Gericht kann den Gläubiger zur Ergänzung seines Vorbringens anhalten. Eine Anhörung des Schuldners scheidet aus (§ 834 ZPO), es sei denn, der Gläubiger beantragt sie.

 

Rz. 50

Fraglich ist in der Praxis bislang, wenn ein Gläubiger wegen titulierter Unterhaltsrückstände vollstreckt, die älter als ein Jahr sind und er in sein...

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