Rz. 10

Erfasst werden nach ihrem Zweck, aber auch nach ihrer geschichtlichen Entwicklung (dazu OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 498) – entgegen des Wortlauts der Norm (Unterhalts-"Renten") – generell Unterhalts-"Forderungen", die im Rahmen und aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung geschuldet werden und damit auch einmalig zu zahlende Unterhaltsbeträge (BGH, NJW 1997, 1441 = MDR 1997, 479 =  FamRZ 1997, 544 = FuR 1997, 135 =  EzFamR aktuell 1997, 130; z. B. §§ 1361, 1569 ff., 1589, 1601, 1615a, 1615l, 1963, 1969 BGB; OLG Hamm, FamFR 2012, 345).

Dies ist anerkannt für Unterhaltsrückstände (BGH, NJW 1960, 572 = BGHZ 31, 210 = MDR 1960, 292 = JZ 1960, 215) und wurde zudem vom BGH (NJW 1997, 1441 = MDR 1997, 479 =  FamRZ 1997, 544 = FuR 1997, 135 =  EzFamR aktuell 1997, 130) bejaht für den Anspruch eines Ehegatten auf Erstattung der ihm als Folge eines begrenzten Realsplittings erwachsenen steuerlichen Nachteile. Dies gilt ebenso für einen Anspruch auf Unterhaltsabfindung (BGH, FPR 2002, 559 = FamRZ 2002, 1179 = MDR 2002, 1125 = BGHReport 2002, 875 =  NJW-RR 2002, 1513 = EzFamR aktuell 2002, 276 = FamRB 2002, 321).

Der Erstattungsanspruch oder Freistellungsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten aus dem begrenzten Realsplitting ist ein Anspruch i. R.d. gesetzlichen Unterhaltsrechtsverhältnisses, der als solcher Unterhaltsqualität besitzt. Der Ausgleichsanspruch sichert den Unterhaltsanspruch des Berechtigten. Das führt zu seiner Unpfändbarkeit nach Maßgabe des Abs. 1 Nr. 2 (OLG Schleswig Holstein, StE 2008, 627; BGH, NJW 2005, 2223 = FamRZ 2005, 1162 = FuR 2005, 370 = BGHReport 2005, 1195 = MDR 2005, 1112).

 

Rz. 11

Es sind allerdings nur solche Unterhaltsansprüche unpfändbar, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen; nur derartige Forderungen unterliegen daher auch nicht der Aufrechnung nach § 394 BGB (vgl. AG Flensburg, SchlHA 2013, 447; OLG Thüringen, FuR 2012, 449; OLG Celle, NJW 1962, 1731). Das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB i. V. m. § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO gilt auch zugunsten von Trägern öffentlicher Sozialleistungen, soweit diese Leistungen der Sozialhilfe oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erbracht haben und der Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers auf sie übergegangen ist (BGH, MDR 2013, 850 = FamRZ 2013, 1202 = NJW 2013, 2592 = KKZ 2013, 257 = FPR 2013, 555 = DNotZ 2013, 938 = StuB 2013, 596 = FF 2013, 331 = FamRB 2013, 256 = FA 2013, 241 = FuR 2013, 533 = JA 2013, 707 = FamFR 2013, 405 = Familienrecht kompakt 2013, 182). Im Einzelfall kann allerdings der Arglisteinwand dem Aufrechnungsverbot entgegenstehen (OLG Hamm, FamFR 2012, 345).

Grds. verliert ein Unterhaltsanspruch seinen Charakter als gesetzlichen Anspruch i. S. v. Abs. 1 Nr. 2 nicht schon deshalb, weil die Parteien ihn zum Gegenstand einer vertraglichen Regelung machen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Parteien den Bestand des gesetzlichen Anspruchs unberührt lassen und ihn lediglich inhaltlich nach Höhe, Dauer und Modalitäten der Unterhaltsgewährung näher festlegen und präzisieren (BGH, NJW 1960, 572; BGH, NJW 1997, 1441 = MDR 1997, 479 =  FamRZ 1997, 544 = FuR 1997, 135 =  EzFamR aktuell 1997, 130). Für die Unpfändbarkeit eines Unterhaltsanspruchs und damit auch für die Möglichkeit, gegen einen solchen Anspruch aufzurechnen, bleibt dagegen dann kein Raum, wenn die Vertragsparteien die von ihnen gewollte Unterhaltspflicht völlig auf eine vertragliche Grundlage gestellt und den Zahlungsanspruch damit seines Wesens als eines gesetzlichen Anspruchs entkleidet haben (BGH, NJW 1997, 1441 = MDR 1997, 479 =  FamRZ 1997, 544 = FuR 1997, 135 =  EzFamR aktuell 1997, 130; BGH, NJW 1984, 2350 = FamRZ 1984, 874 = WM 1984, 1372 = MDR 1985, 137).

Allerdings wird sich eine solche Willensrichtung der Vertragsparteien nur bei Vorliegen besonderer dafür sprechender Umstände annehmen lassen. Der Unterhaltspflichtige kann jedoch den Unterhaltsanspruch zum Zwecke der Aufrechnung nach den Regeln des Zugriffs auf Arbeitseinkommen pfänden, wenn er wegen seiner Gegenforderung einen Titel hat, die Vollstreckung daraus aussichtslos erscheint und die Pfändung der Billigkeit entspricht (OLG Hamm, FamRZ 2005, 995).

 

Rz. 12

Während der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten grds. unpfändbar ist, ist der Anspruch auf Freistellung von Verpflichtungen aus seinem Sonderbedarf, z. B. wg. einer ärztlichen Behandlung, jedoch für den Gläubiger, der den Sonderbedarf abgedeckt hat (z. B. den behandelnden Arzt) der Pfändung unterworfen (LG Münster, Rpfleger 2005, 270; LG Frankenthal, NJW-RR 2001, 1021). Gesetzliche Unterhaltsrenten sind auch nach ihrem Übergang auf den Sozialhilfeträger unpfändbar; gg. den Anspruch des Sozialamts kann daher nicht aufgerechnet werden (AG Gummersbach, FamRZ 1998, 177).

 

Rz. 13

Eine Unpfändbarkeit kann sich einerseits aus der Höchstpersönlichkeit, andererseits aus der Zweckgebundenheit des Anspruchs ergeben (BGH, Rpfleger 2005, 148 =  JurBüro 2005, 159 = BGHReport 2005, 470 =...

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