Rz. 2

Die Vorschrift erklärt besondere Einkommensteile, die nach den angeführten Grundsätzen Arbeitseinkommen sind, aus sozialen Gründen oder mit Rücksicht auf die Zweckgebundenheit für absolut unpfändbar (anders als § 850b ZPO: bedingt pfändbare Bezüge) und entzieht sie damit gänzlich der Pfändung. Die Anwendung der Unpfändbarkeitsregelung der Vorschrift gelten auch für eine tarifliche Jahressonderzahlung (ArbG Dortmund, Urteil v. 24.4.2013 – 8 Ca 228/13 – Juris).

Sinn der Regelung ist es, einen Anreiz für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zu erhalten (Nr. 1, 3), bestimmte Aufwendungen des Schuldners auszugleichen (Nr. 3, 4) und ihm bestimmte Zuwendungen aus sozialen Gründen zu belassen (Nr. 2 – 8; BAG, NJW-Spezial 2013, 500 = ZAP EN-Nr 406/2013 = ArbR 2013, 420 = Vollstreckung effektiv 2013, 153 = FA 2013, 268 = FA 2013, 275 = ArbuR 2013, 371 = MDR 2013, 985 = NJW 2013, 2924 = ZTR 2013, 509 = Rpfleger 2013, 627 =JurBüro 2013, 601; BAG, DB 2012, 1157 = ZTR 2012, 344 = Rpfleger 2012, 451 = JurBüro 2012, 493 = EzA § 850a ZPO 2002 Nr 2 = EzTöD 130 § 18.4 TVöD-S Nr 5 = NZA 2012, 1246). Durch die Anordnung der Unpfändbarkeit soll sichergestellt werden, dass dem Arbeitnehmer die erfassten Bezüge in vollem Umfang erhalten bleiben. Die in der Vorschrift bezeichneten Beträge werden von der Pfändung des (gesamten) Arbeitseinkommens nicht umfasst und können auch nicht selbstständig ge- oder verpfändet werden. Mit den in der Norm aufgeführten Zahlungen wird somit überwiegend ein bestimmter Aufwand des Arbeitnehmers ausgeglichen (BAG, DB 2012, 1157 = ZTR 2012, 344 = Rpfleger 2012, 451 = JurBüro 2012, 493 = ArbR 2012, 246 = FA 2012, 183 = öAT 2012, 141 = FoVo 2012, 151). Die Auflistung ist nicht abschließend, darf jedoch nicht ausdehnend ausgelegt werden (ArbG Dortmund, Urteil v. 24.4.2013, 8 Ca 228/13 – Juris). Die unpfändbaren Bezüge bleiben bei der Ermittlung des pfändbaren Arbeitseinkommens (§§ 850c bis 850g ZPO) unberücksichtigt (§ 850e Nr. 1 ZPO). Sie kommen demgemäß auch bei der Berechnung des Pfändungsfreibetrags nicht zum Ansatz. Der Arbeitgeber (Drittschuldner) hat  daher die nach dieser Vorschrift unpfändbaren Bezüge vom Arbeitseinkommen abzusetzen und in voller Höhe an den Schuldner (seinen Gläubiger) auszuzahlen.

 

Rz. 3

Die Norm ist als Teil einer gerechten und zweckmäßigen Ordnung zu verstehen, bei ernsthaften Zweifeln sind die Auslegungsalternativen und ihre praktischen Konsequenzen herauszuarbeiten. Sodann ist sorgfältig abzuwägen, welche der Alternativen am zweckmäßigsten und gerechtesten ist und sich am Besten in den Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung einführt (LAG Bremen, Urteil v. 15.11.2011, 4 Sa 41/11 – Juris). Im Rahmen der Ermittlung des Gesetzeszweckes ist zunächst festzustellen, dass der Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen den Schuldnerschutz vor einer Kahlpfändung bezweckt. Insoweit hat der Einsatz der Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts Vorrang vor der Inanspruchnahme sozialer Leistungen. Aus diesem Grunde wird dem Schuldner, in dessen Arbeitseinkommen vollstreckt wird, ein Teil pfandfrei belassen, der ihm und seiner Familie die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht und ihn in der Motivation stärkt, aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt zu verdienen (LAG Bremen, Urteil v. 15.11.2011, 4 Sa 41/11 – Juris; ). Diesem Gesetzeszweck dient die Festlegung der (absolut) unpfändbaren und bedingt pfändbare Bezüge in §§ 850a ZPO und 850b ZPO sowie die Festlegung der Pfändungsgrenzen in § 850c ZPO. Insofern ist es notwendig die in der Norm genannten Leistungen bereits von vornherein von der Pfändung auszunehmen, da dem Pfändungsschutz lediglich durch gesetzlich festgelegte Pfändungsfreibeträge nicht ausreichend Rechnung getragen werden kann. Der Pfändungsschutz bleibt auch dann erhalten, wenn der Drittschuldner von sich aus eine Hinterlegung der unpfändbaren Forderung vornimmt (LG Aachen, JurBüro 1982, 1424). Ebenso scheidet eine Aufrechnung aus (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 30.8.11, 5 Sa 11/11 – Juris; LAG Mecklenburg-Vorpommern, VD 2012, 34; LAG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 14.12.2010, 6 Sa 74/10 – Juris; zur Zulässigkeit einer vom Arbeitgeber erklärten Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen gegen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge