Rz. 146f

Bei Anderkonten handelt es sich um besondere Arten von offenen Treuhandkonten, die nur für bestimmte Berufsgruppen geführt werden. Auch bei solchen Konten ist der Treuhänder als Vollrechtsinhaber gegenüber dem Kreditinstitut allein berechtigt und verpflichtet (vgl. Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 der Sonderbedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Rechtsanwälten und Gesellschaften von Rechtsanwälten, i.F.: SB And; KG, WM 2013, 1407). Rechte Dritter auf Leistung aus einem Anderkonto bestehen der Bank gegenüber nicht (Nr. 8 SB And). Die Ansprüche sind zwar nicht abtretbar und nicht verpfändbar (Nr. 10 SB And), können aber wegen § 851 Abs. 2 ZPO gepfändet werden. Es bleibt dem Treugeber überlassen, im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO gegen die Pfändung in das wirtschaftlich ihm gehörende Vermögen vorzugehen. Während nach Nr. 14 der Fassung der Anderkonten-Bedingungen vom Dezember 1993 die Bank ein Anderkonto des Pfändungsschuldners nur dann als von einer Pfändung betroffen ansah, wenn dieses im Pfändungsbeschluss ausdrücklich genannt war, ist diese Bestimmung in den im Jahr 2000 neu gefassten Bedingungen nicht mehr enthalten. Die Neufassung legt nunmehr – in Übereinstimmung mit dem Vollstreckungsrecht – zugrunde, dass eine Pfändung in das Vermögen des Kontoinhabers grundsätzlich auch dessen Anderkonten erfasst, und sieht unter Nr. 11 SB And lediglich vor, dass die Bank im Falle der Pfändung den pfändenden Gläubiger im Rahmen der nach § 840 ZPO abzugebenden Drittschuldnererklärung auf die Eigenschaft als Anderkonto hinweisen wird (vgl. zu Vorstehendem Gößmann, WM 2000, 857/863; Bitter in: Schimansky/ Bunte/ Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4.Aufl., § 33 Rn. 110; Hadding/Häuser, ebenda, § 38 Rdn. 5, 7; Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen, 3.Aufl., SB Ander 11 Rdn. 38; Stöber, Rn. 398, 401, jew. m. w. N.). Die wirksame, auch die Anderkonten erfassende Pfändung hat zur Folge, dass Verfügungen über die von der Pfändung erfassten Ansprüche gegenüber dem Gläubiger gemäß §§ 136, 135 BGB unwirksam sind.

 

Rz. 147

Bei Notaranderkonten ist alleiniger Kontoinhaber und damit Gläubiger der Bank der Notar. Derjenige, zu dessen Gunsten auf einem Notaranderkonto eine Hinterlegung erfolgt ist, hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen die Bank. Er kann lediglich vom Notar Auskehrung des zu seinen Gunsten hinterlegten Betrags verlangen. Wird der Anspruch auf Auskehrung des Hinterlegungsbetrags gepfändet, ist Drittschuldner im Sinne des § 829 Abs. 3 ZPO der Notar und nicht die Bank (BayObLG, MittRhNotK 2000, 33 = NJW-RR 2000, 945 = BB 2000, 588).

 

Rz. 147a

Gerade im Rahmen der Pfändung von verkauften Immobilien des Schuldners muss ein Gläubiger zwei Konstellationen betrachten und zwar einerseits

  • die Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung vom Notaranderkonto und andererseits
  • die Pfändung des Anspruchs auf Kaufpreiszahlung.

9.6.1 (Isolierte) Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung vom Notaranderkonto

 

Rz. 147b

Eine solche Pfändung ist nur wirksam, wenn zugleich auch der der Verwahrung zugrunde liegende Anspruch gepfändet wird, also der Kaufpreisanspruch (BGH, NJW 1998, 2134). Dies beruht auf der Erwägung, dass der Verkäufer ansonsten über seine Forderung noch frei verfügen könnte und dies mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre.

9.6.2 (Isolierte) Pfändung auf Zahlung des Kaufpreises

 

Rz. 147c

Der BGH (Vollstreckung effektiv 2017, 42; = DGVZ 2016, 253 = DNotZ 2016, 957 = Rpfleger 2017, 40) hat klargestellt, dass wenn eine Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt wird, sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar erstreckt. Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich nämlich ohne Weiteres auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen. § 401 BGB erfasst neben den dort genannten Rechten auch andere unselbstständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind. Nach Ansicht des BGH ist der Auskehranspruch gegen den Notar im Verhältnis zur Kaufpreisforderung ein solches Nebenrecht. Denn die Einschaltung des Notars zur Abwicklung des Kaufpreises soll ja gerade sicherstellen, dass die Ansprüche der Parteien Zug um Zug erfüllt werden. Die Vertragspartner sollen vor rechtlichen Nachteilen geschützt werden, die mit Inhalt und Zweck der getroffenen Regelung nicht vereinbar sind. Der Auszahlungsanspruch gegen den Notar entsteht daher im Zuge der Vertragsabwicklung. Er hängt somit, solange die Kaufpreisforderung noch nicht erloschen ist, eng und unmittelbar mit ihr zusammen. Der Anspruch gegen den Notar wird nur deshalb begründet, weil der Verkäufer von seinem Vertragspartner nicht Zahlung an sich verlangen kann. Er ergänzt daher die vertragliche Forderung. Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs führt deshalb entsprechend § 401 BGB auch zum Übergang des Auskehranspruchs gegen den Notar. Als Folge ist daher eine zusätzliche Pfändung des Auskehranspruchs nicht erforderlich. Drittschuldner ist daher nur der Käufer und nicht der No...

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