Rz. 210

Ansprüche aus einer Haftpflichtversicherung (§§ 149 ff. VVG) des Schuldners als Versicherungsnehmer gegen den Versicherer sind nicht auf Zahlung, sondern auf Befreiung des Versicherungsnehmers (Versicherten) von der Haftpflichtschuld gerichtet. Der Befreiungsanspruch ist für Gläubiger des Versicherten nicht pfändbar. Nur der Verletzte (Haftpflichtgläubiger) kann als Gläubiger wegen seines auf die Zahlung einer Geldforderung gerichteten Schadensersatzanspruchs diesen Schuldbefreiungsanspruch gegen den Versicherten pfänden (BGH, VersR 1963, 421).

 

Rz. 211

Pfändbar werden Ansprüche des Schuldners aus einer Haftpflichtversicherung nur dann, wenn der Versicherte von der ihm im Rahmen der Versicherungsbedingungen eingeräumten Befugnis, den Haftpflichtgläubiger selbst zu befriedigen, Gebrauch macht. Damit wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch gegen den Versicherer um, der dann wie jede Geldforderung gepfändet werden kann (vgl. BGH, NJW 1968, 836). Pfändbar ist auch der Anspruch auf Prämienrückvergütung und Erstattung eines zu viel gezahlten Betrags (AG Sinzig, NJW-RR 1986, 967).

 

Rz. 211a

Der BGH (NZI 2012, 76 = BB 2012, 343 = NJW 2012, 678; NJW 2018, 1166 = Rpfleger 2018, 278 = Vollstreckung effektiv 2017, 201; ebenso LG Aurich, Vollstreckung effektiv 2018, 208) hat entschieden, dass im Rahmen der Zwangsvollstreckung eine Versicherung gekündigt werden darf. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Versicherung nach der Art des Vertrages besonderen Pfändungsschutzvorschriften unterfällt. Für die Frage, ob der Gläubiger sich das Kündigungsrecht überweisen lassen kann, kommt es dabei darauf an, ob die Rechte des Schuldners aus dem Versicherungsvertrag diesem wirtschaftlich zustehen und ob ein Pfändungsverbot greift. Wendet man diese Grundsätze beispielsweise auf den Fall einer KFZ-Versicherung anwendet, ist eine Pfändbarkeit gegeben. Denn im Fall der Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Schuldner ein Recht auf Rückzahlung bereits gezahlter Versicherungsprämien zu. Da ein solcher Anspruch seiner Art nach unstreitig pfändbar ist, muss auch das Recht zur Kündigung des Vertrages der Gläubigerin mitüberwiesen werden können. Denn wie der BGH (MDR 1966, 483 = NJW 1966, 1071) betont, ist das Kündigungsrecht akzessorisch zu dem nach Kündigung entstehenden Rückgewähranspruch. Hieraus folgt, dass ein Gläubiger nicht isoliert die Überweisung des Kündigungsrechts beantragen kann, sondern nur in Verbindung mit dem in Zukunft möglicherweise entstehenden Anspruch auf Beitragsrückerstattung. Der Pfändung steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der Kfz-Versicherung um eine Pflichtversicherung handelt. Denn durch die KFZ-Haftpflichtversicherung sollen Unfallgeschädigte geschützt werden. Dagegen ist nicht der Schutz des Kraftfahrzeughalters vor eventuellen Gläubigern bezweckt. Kündigt ein Gläubiger den Versicherungsvertrag aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, wozu er berechtigt ist, da die Überweisung einer Forderung gem. § 836 Abs. 1 ZPO beinhaltet, dass der Gläubiger zur Kündigung des der Forderung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses im eigenen Namen berechtigt ist, so ist es Sache des Schuldners, das nunmehr nicht versicherte Fahrzeug nicht mehr zu benutzen oder eine neue Versicherung abzuschließen. Dieses Ergebnis ist auch deshalb überzeugend, weil Kraftfahrzeuge, wenn sie im Eigentum des Schuldners stehen, ebenfalls grundsätzlich pfändbar sind. Es wäre daher ein Wertungswiderspruch, wenn ein Gläubiger zwar das komplette Fahrzeug im Wege der Sachpfändung verwerten könnte, ihm die Geltendmachung vermögenswerter Rechte aus dem KFZ-Versicherungsvertrag aber vorenthalten bleiben würde (LG Aurich, Vollstreckung effektiv 2018, 208).

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