Rz. 200

Bei der Frage der Pfändbarkeit von Ansprüchen auf Erstattung von Steuern und Abgaben muss zunächst danach unterschieden werden, ob der Anspruch sich, wie regelmäßig, gegen die Finanzbehörden oder ausnahmsweise gegen eine Privatperson (z. B. Lohnsteuerjahresausgleich durch den Arbeitgeber nach § 42b EStG) richtet. Soweit die Privatperson erstattungspflichtig ist, handelt es sich um eine gewöhnliche Geldforderung, die nach den allgemeinen Regeln zu vollstrecken ist.

 

Rz. 201

Richtet sich der Anspruch indes gegen die Finanzbehörde, ist § 46 AO zu beachten. Diese Bestimmung lautet:

Zitat

§ 46 AO Abtretung, Verpfändung, Pfändung

(1) Ansprüche auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen können abgetreten, verpfändet und gepfändet werden.

(2) Die Abtretung wird jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Absatz 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt.

(3) Die Abtretung ist der zuständigen Finanzbehörde unter Angabe des Abtretenden, des Abtretungsempfängers sowie der Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs und des Abtretungsgrundes auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck anzuzeigen. Die Anzeige ist vom Abtretenden und vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben.

(4) Der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder sonstigen Verwertung auf eigene Rechnung ist nicht zulässig. Dies gilt nicht für die Fälle der Sicherungsabtretung. Zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung der zur Sicherung abgetretenen Ansprüche sind nur Unternehmen befugt, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist.

(5) Wird der Finanzbehörde die Abtretung angezeigt, so müssen Abtretender und Abtretungsempfänger der Finanzbehörde gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam oder wegen Verstoßes gegen Absatz 4 nichtig ist.

(6) Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss oder eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung dürfen nicht erlassen werden, bevor der Anspruch entstanden ist. Ein entgegen diesem Verbot erwirkter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss oder erwirkte Pfändungs- und Einziehungsverfügung sind nichtig. Die Vorschriften der Absätze 2 bis 5 sind auf die Verpfändung sinngemäß anzuwenden.

(7) Bei Pfändung eines Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs gilt die Finanzbehörde, die über den Anspruch entschieden oder zu entscheiden hat, als Drittschuldner im Sinne der §§ 829, 845 der Zivilprozessordnung.

 

Rz. 202

Die Pfändung erfolgt mittels des amtlichen Pfändungsformulars gem. Anspruch C (an Finanzamt).

Danach unterliegt die Pfändung der gegenüber dem Finanzamt möglicherweise bestehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche, insbesondere aus der Einkommensteuerveranlagung und der "Antragsveranlagung" (früher: Lohnsteuerjahresausgleich) bestimmten (weiteren) Voraussetzungen. Der Antrag und dementsprechend der Ausspruch der Pfändung müssen den Regeln der Bestimmtheit entsprechen. Die konkrete Steuerart ist zu benennen wie auch das richtige Finanzamt, wenn es am Ort derer zwei (oder mehr) gibt. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, in dem zur Kennzeichnung der angeblich gegenüber dem Finanzamt bestehenden Forderungen des Vollstreckungsschuldners außer dessen Steuernummer nur angegeben ist, Erstattungsanspruch für das Jahr 1980 und 1981, genügt nicht den Anforderungen an die hinreichend bestimmte Bezeichnung des Anspruchs (BFH, NJW 1990, 2645). Die Pfändung zukünftiger Steuer- und Abgabenerstattungsansprüche ist nach § 46 Abs. 6 Satz 1 AO nicht zulässig. Es entshet daher kein Pfändungspfandrecht. Denn der Erstattungsanspruch (vgl. hierzu § 37 Abs. 2 AO) entsteht grundsätzlich erst, wenn der Tatbestand, der die Steuerpflicht auslöst, vollkommen verwirklicht ist (§ 38 AO). Eine Pfändung, die entgegen des Verbots nach § 46 Abs. 6 Satz 1 AO erfolgt, ist anfechtbar, nicht unwirksam (OLG Bamberg, JurBüro 1979, 287). Dies hindert den (Gläubiger) Antragsteller indes nicht, den Pfändungsantrag schon vor dem Entstehen des Anspruchs bei dem Vollstreckungsgericht anzubringen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss darf nach h. M. allerdings erst nach Entstehen des Anspruchs erlassen und zugestellt werden (BFHE 161, 412; OLG Schleswig, Rpfleger 1978, 387; Stöber, Rn. 370; a. A.: LG Zweibrücken, MDR 1979, 325).

 

Rz. 203

Im Verwaltungszwangsverfahren kann die Pfändung eines Steuererstattungsanspruchs durch den zuständigen Beamten bereits vor der Entstehung des Anspruchs (Ablauf des Veranlagungszeitraums oder Ausgleichsjahres) – einschließlich der Schlusszeichnung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung – vorbereitet werden (BFHE 161, 412; BFH, NJW 1991, 1975). Ist der Erstattungsanspruch vor der Pfändung wirksam abgetreten, hat die Pfändung nach allgemeinen Grundsätzen keine Wirkungen. Die Wirksamkeit der Abtretung setzt ihre Anzeige nach Entstehen des Erstattungsanspruchs beim Finanzamt voraus. Eine vor ...

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