Rz. 57

Über den Pfändungsantrag entscheidet das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger; § 20 Nr. 17 RpflG) durch Beschluss. Dieser bedarf – bei Erlass des Pfändungsbeschlusses – grundsätzlich keiner Begründung. Lediglich in besonderen Einzelfällen kann eine Begründung geboten sein (z. B. wenn zu entscheiden ist, ob die Pfändung der Billigkeit entspricht, § 850b Abs. 2 ZPO). Die Forderung wird ebenfalls auf Antrag des Gläubigers durch Überweisungsbeschluss verwertet. In der Praxis werden Pfändungsbeschluss und Überweisungsbeschluss regelmäßig im verbindlichen Formular verbunden (vgl. Rz. 56 ff).

 

Rz. 58

Der Pfändungsbeschluss enthält:

  • das sog. Arrestatorium, das dem Drittschuldner verbietet, an den Schuldner zu leisten (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO; ein Fehlen macht die Pfändung – abgesehen von den Fällen des § 857 Abs. 2 ZPO – unheilbar nichtig; Rechtsfolge bei Verstoß: §§ 135, 136 BGB; vgl. Rz. 59, 80) und
  • das sog. Inhibitorium, durch welches dem Schuldner geboten wird, nicht über die Forderung zu verfügen (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO; vgl. auch Rz. 93 f.).
 

Rz. 59

Das Arrestatorium kann nicht nachgeschoben werden, sondern es ist ein neuer Pfändungsbeschluss zu erlassen. § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nur eine Ermächtigungsnorm und enthält einen verbindlichen Handlungsauftrag an das Vollstreckungsgericht (§ 828 Abs. 1 ZPO). Die Norm ordnet an: "Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Dritten zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen." Im Fall der direkten Anwendung der Vorschrift – Pfändung von Geldforderungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner – enthält die Norm den Handlungsauftrag an das Vollstreckungsgericht, den Drittschuldner mit diesem ausdrücklich angeordneten "Verbot, an den Vollstreckungsschuldner zu leisten", zu belegen (AG Frankfurt, Urteil v. 8.8.2012 – 31 C 2224/11 –, juris). Vor dem Hintergrund dieses ausdrücklich aufzuerlegenden Verbots wird für den Drittschuldner unmissverständlich klar, was er zu tun bzw. zu unterlassen hat. Das Leistungsverbot ist dem Drittschuldner klar und unmissverständlich aufzuerlegen; das folgt schon aus dem Prinzip der Formalisierung der Zwangsvollstreckung. Der Gesetzgeber hat sich deshalb in § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO für ein Leistungsverbot an den Drittschuldner entschieden, weil dieses Leistungsverbot bei der dort geregelten Pfändung von Geldforderungen das dem Schuldner auferlegte Verfügungsverbot hinsichtlich der Forderung "komplettiert" – im Sinne eines Erhalts des Pfändungsgegenstands. Ohne das Verbot an den Drittschuldner, auf die gepfändeten Forderungen zu leisten, wäre der Vollstreckungsgläubiger nicht vor einem Erlöschen der gepfändeten Forderung infolge Erfüllung (§ 362 Abs. 1 ZPO) und dem daher einhergehenden "Entzug" des Pfändungsgegenstandes geschützt. Dass sich der Gesetzgeber für ein Leistungsverbot an den Drittschuldner entschieden hat, wirkt sich auch auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes des Drittschuldners gegen dieses Leistungsverbot aus: Denn nach der klaren gesetzgeberischen Konzeption begründet ein Verstoß des Drittschuldners gegen das Leistungsverbot keinen Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen diesen auf Schadensersatz wegen "Pflichtverletzung". Vielmehr ist eine Leistung des Drittschuldners an den Schuldner, die entgegen der auf § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO gestützten – notwendigerweise klaren und unmissverständlichen – Anordnung des Vollstreckungsgerichts im Pfändungsbeschluss erfolgt, gegenüber dem durch die Norm (alleine) geschützten Vollstreckungsschuldner "unwirksam", und zwar nach § 136, 135 Absatz 1 Satz 1 BGB. Diese – relative – Unwirksamkeit hat zur Folge, dass der Gläubiger den Drittschuldner weiter erfolgreich auf Leistung in Anspruch nehmen kann und der Pfändungsgegenstand "Geldforderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner" ihm gegenüber weiter Bestand hat. Kurz gesagt: Die Klage des Vollstreckungsgläubigers gegen den Drittschuldner ist auf Leistung bzw. Bereitstellung des Pfändungsgegenstands statt auf Schadensersatz in Geld gerichtet (AG Frankfurt, Urteil v. 8.8.2012 – 31 C 2224/11 –, juris).

Das Gebot an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten, ist zwar ebenfalls zwingender Bestandteil des Pfändungsbeschlusses, abgesehen von den Fällen des § 857 Abs. 2 ZPO jedoch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Pfändung. Anders als das Verbot an den Drittschuldner kann es nachgeholt werden, wenn es vergessen wurde.

 

Rz. 60

Die Verwertung erfolgt durch einen Überweisungsbeschluss entweder zur Einziehung oder an Zahlungs statt (vgl. § 835 ZPO, Rz. 8 ff.). Möglich ist auch eine andere Verwertungsart gem. § 844 ZPO.

 

Rz. 61

Vor der Entscheidung ist der Schuldner grundsätzlich nicht (§ 834 ZPO), der Drittschuldner nie zu hören. Dadurch soll verhindert werden, dass der Schuldner vor der Beschlagnahme d. h. Wirksamwerden der Pfändung (OLG Köln, NJW-RR 1988, 1467; OLG Hamm, Rpfleger 1957, 24) durch eine rasche Verfügung über die Forderung den von dem Gläubiger erstrebten Pfändung...

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