Es lassen sich 6 Dimensionen gesunder Führung unterscheiden. Deren Basis ist der gesundheitsgerechte Umgang mit sich selbst ("self care"). Die Wurzeln für Fürsorglichkeit in beide Richtungen – sich selbst und den Mitarbeitern gegenüber – liegen in einer von Wertschätzung geprägten Grundhaltung. Zu erwartende Resultate sind erhöhte Produktivität, echte (statt nur physische) Anwesenheit, mehr Wohlbefinden und Gesundheit (Abb. 4).

Abb. 4: Dimensionen gesunder Führung, ihre Basis und ihre Früchte

2.2.1 Anerkennung geben

Mitarbeiterbefragungen ergeben branchen- und hierarchiestufenübergreifend, dass Beschäftigte ein Anerkennungsdefizit erleben. Führungskräfte scheinen mit anerkennenden Worten zu geizen. Das sorgt v. a. bei den Mitarbeitern für Frustration, die ihre Arbeitsinhalte als wenig motivierend erleben oder in ihrem Selbstwertgefühl stark von den Äußerungen anderer abhängig sind.

Lob durch die Führungskraft ist eine Form von Gratifikation – neben Sozialprestige, Aufstiegschancen, Qualifizierung, Verantwortung und Gehalt. Bleibt die erwartete Gratifikation aus, obwohl Menschen das Gefühl haben, sich bei der Arbeit zu verausgaben, erhöht dies u. a. ihr Risiko für die Entstehung von Herzkreislauf-Erkrankungen. Anerkennung ist folglich ein Gesundheitsfaktor.

Positives Feedback gibt Bestätigung und damit Sicherheit. Es ist also auch im Interesse der Führungskraft, dass Mitarbeiter ihre Leistung gewürdigt sehen. Neben der Anerkennung für die Leistung wollen Menschen sich aber auch als Person gesehen fühlen. Die Wertschätzung des Menschen im Mitarbeiter zeigt sich auch im Interesse, das die Führungskraft ihm entgegenbringt.

 
Praxis-Tipp

Wie man Anerkennung äußert, ohne sich anzubiedern

Führungskräfte wollen sich – genau wie Arbeitsschützer – nicht dem Verdacht aussetzen, dass sie sich beim Gegenüber einschleimen wollten. Falls das auch für Sie gilt, sollten Sie die folgenden Punkte beachten:

  • Bedanken Sie sich beim Einzelnen für seinen Einsatz! Danken ist leichter als loben.
  • Bedanken Sie sich beim gesamten Team (falls wirklich alle ihren Teil beigetragen haben).
  • Erinnern Sie den Einzelnen an Erfolge in der Vergangenheit.
  • Begründen Sie Ihre anerkennenden Worte: Warum hat die Leistung Sie beeindruckt?
  • Finden Sie positive Worte für die Leistung statt für den, der sie erbracht hat.
  • Finden Sie andere Ausdrücke als das fade "Haben Sie gut gemacht".

2.2.2 Interesse zeigen

Menschen brauchen das Gefühl, dass man sich für sie interessiert, und zwar nicht nur in ihrer Eigenschaft als Leistungserbringer, sondern als Mensch. Dies wird signalisiert durch Gespräche, die auch private Themen beinhalten können, wie z. B. Urlaub oder Freizeitaktivitäten. Falls Mitarbeiter dies nicht wünschen, kann die Führungskraft ihr Interesse zum Ausdruck bringen, indem sie sich nach dem Fortgang der Arbeit, nach besonderen Schwierigkeiten oder Erfolgserlebnissen erkundigt.

Führungskräfte sollten Überlastungssymptome bei Mitarbeitern erkennen können und bei Auffälligkeiten hinsichtlich Erscheinungsbild, Leistungs- oder Sozialverhalten das Gespräch suchen.

Das erste Gespräch sollte unter 4 Augen stattfinden und allein Fürsorglichkeit zum Ausdruck bringen. Sanktionen sollte die Führungskraft erst im zweiten oder besser dritten Gespräch ankündigen, falls zwischendurch keine Veränderung erreicht wurde.

 
Achtung

Das Willkommensgespräch

In vielen Betrieben ist das sog. Rückkehrgespräch in Verruf geraten, denn Mitarbeiter befürchteten, dass damit Jagd auf Kranke gemacht werden sollte. Empfehlenswerter ist das Führen von Willkommensgesprächen

  • nach jeder Abwesenheit (auch nach Urlaub oder Fortbildung),
  • durch jeden unmittelbar Vorgesetzten (nicht durch die Personalabteilung),
  • mit jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin (nicht nur mit "Problemfällen").

Dadurch wir das Gespräch enttabuisiert. Es dauert je nach Anlass der Abwesenheit zwischen 10 Sekunden und einer Stunde. Letzteres wird dann der Fall sein, wenn es sich um eine Wieder-Eingliederung handelt, die durch das betriebliche Eingliederungsmanagement flankiert wird.

2.2.3 Partizipation kultivieren

Gesund Führen bedeutet, immer wieder ins Gespräch zu gehen. Die krankheitsbedingte Abwesenheit eines Mitarbeiters ist nur einer von vielen möglichen Gesprächsanlässen. Wenn im Betrieb eine offene Atmosphäre herrscht, sprechen Vorgesetzte und Mitarbeiter täglich miteinander, auch ohne dass es dazu einer Betriebsvereinbarung bedarf. Es ist Ausdruck von Respekt, wenn Mitarbeiter nach ihrer Meinung gefragt werden oder ihre Führungskraft bei der Lösung eines Problems unterstützen sollen. Das Expertenwissen der Mitarbeiter zu nutzen, ist nicht nur in Zeiten des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels von Nutzen für das Unternehmen.

2.2.4 Transparenz ermöglichen

Menschen wollen wissen, was in ihrer Führungskraft vorgeht. Ein Pokerface verunsichert und sorgt damit für Anspannung, während ein gewisses Maß an Durchschaubarkeit Mitarbeiter entspannen kann. Gesundheitsgerechte Führung beinhaltet daher, dass Vorgesetzte sich berechenbar machen und Orientierung geben. Mitarbeiter müssen wissen, was von ihnen verlangt wird und in we...

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