In der momentanen Situation sprechen alle von der Corona-Krise. Aber was bedeutet eigentlich "Krise"?

Der Begriff Krise wird in der Gesellschaft immer als etwas Negatives gesehen, etwas Bedrohliches und den Menschen und sein Umfeld gefährdend. In der Literatur finden wir verschiedene Definitionen: Koselleck hat 2004 die Krise als "jenen Zustand der Gesellschaft bzw. zentraler gesellschaftlicher Bereiche (Wirtschaft, Bildungswesen, Sozialstaat) ..." bezeichnet, "... in dem unter Zeitdruck schwierige Probleme der Anpassung, der Koordination und ggf. der Strukturveränderung und Systemerhaltung zu lösen sind (gr. krisis = Entscheidung; entscheidende Wende)".

Auch in der Geschichte der Soziologie spielt der Begriff eine zentrale Rolle, da sie als Umbruch- bzw. Krisenwissenschaft begann.

Niklas Luhmann[1] bezeichnet Krisen ebenfalls als "heikle Situationen in Systemen/Umwelt-Beziehungen, die den Fortbestand des Systems oder wichtiger System-Strukturen unter Zeitdruck in Frage stellen". Entsprechend rücken Probleme der Anpassung von System und Umwelt, von Stabilität und Wandel, von Komplexitätssteigerung und -bewältigung, von Krise und sozialer Kontrolle in den Vordergrund.

Sind Krisen (vergleichbar der Entwicklung des Individuums) eine unabdingbare Voraussetzung für "Wachstum" und Differenzierung? Diese Position käme älteren geschichtsphilosophischen und fortschrittsoptimistischen positiven Bewertungen von Krisen sehr nahe und könnte Hoffnung für die jetzige Situation schöpfen lassen.

Als Zwischenfazit lässt sich Folgendes sagen:

Krisen

  • gehören zu unser aller Leben,
  • sind Ausnahmezustände,
  • treten meist akut, überraschend und mit dem Charakter des Bedrohlichen auf,
  • sind eine Störung der bisherigen Lebensabläufe im Privaten wie im Arbeitsleben,
  • lösen Ängste aus,
  • Gewohntes greift nicht mehr,
  • im ungünstigsten Fall können sich auch dauerhafte Gesundheitsprobleme entwickeln,
  • bieten prinzipiell die Chance zur Neuorientierung und Veränderung,
  • lassen uns stärker werden und uns reifen,
  • steigern nach der Bewältigung die Resilienz.
[1] Luhmann (1999): Ausdifferenzierung des Rechts. Beiträge zur Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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