Rz. 99

Zu den Werbungskosten gehören auch die Schuldzinsen, die aufgewendet wurden, um Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, und zwar auch, wenn die erworbene Beteiligung unter § 17 EStG fällt.[1] Bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung reicht es zur Begründung des erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Kreditaufnahme und späteren Zinseinnahmen (Verzugszinsen) aus, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen und verwendet worden ist, um die (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu erfüllen.[2] In derartigen Fällen erfordert die Abzugsfähigkeit keine besondere subjektive Bestimmung der Schuldzinsen für Zwecke der Erzielung von Verzugszinsen. Da es bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung hinsichtlich der deswegen an den Überlassenden gezahlten Zinsen nur auf den objektiven Tatbestand einer Steigerung der Leistungsfähigkeit ankommt, und eine diesbezügliche Einkünfteerzielungsabsicht des Stpfl. nicht erforderlich ist[3], sind auch die mit dieser Einkünfteerzielung zusammenhängenden Aufwendungen anhand des objektiven Tatbestands zu ermitteln. Liegen die Verzugszinsen unter den für die erzwungene Kapitalüberlassung entstandenen Kreditzinsen, sind die Verzugszinsen nicht der Besteuerung zugrunde zu legen.[4] Dabei sind die Zinsen jeweils den Einkünften aus der Kapitalbeteiligung zuzuordnen, für die das Darlehen aufgenommen worden ist.[5] Die Zinsen zur Finanzierung der Anschaffung der Kapitalbeteiligung werden also den Einkünften aus der Beteiligung, nicht den Anschaffungskosten zugerechnet.[6] Die Zinsen sind auch dann Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn in dem Jahr, in dem die Zinsen abgeflossen sind, keine Ausschüttungen aus der Beteiligung erfolgt sind.[7] Ab Vz 2009 ist der Abzug von Werbungskosten über den Sparer-Pauschbetrag hinaus nach § 20 Abs. 9 S. 1 EStG ausgeschlossen.[8] In diesem Zusammenhang hat der BFH entschieden[9], dass Schuldzinsen für die Finanzierung der Anschaffungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i. S. v. § 17 EStG ab dem Vz 1999 wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können, die auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen. Hier ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG zwar grundsätzlich ausgeschlossen und bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Werbungskosten ein Betrag von 801 EUR bzw. 1.602 EUR abzuziehen (Sparer-Pauschbetrag). Der Gesetzgeber hat mit § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG eine Option zur Anwendung der tariflichen ESt eingeräumt. Voraussetzung ist, dass ein Anleger entweder bereits aufgrund seiner unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungshöhe (mind. 25 %) oder aufgrund seiner unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungshöhe (mind. 1 %) in Kombination mit einer beruflichen Tätigkeit wesentlichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben kann. Ein einmal gestellter Antrag gilt gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG für den Vz der Antragstellung und für die folgenden 4 Vz als gestellt. Diese Option kommt nicht mehr in Betracht, wenn ein Auflösungsverlust i. S. d. § 17 Abs. 2 und 4 EStG auf Antrag des Stpfl. vor Abschluss der Liquidation festgestellt wird und keine Kapitalerträge aus der Beteiligung mehr fließen.[10]

Die Zinsen müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beteiligung stehen. Das ist nicht mehr der Fall, wenn Zinsen mit Wirtschaftsgütern in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die der Kapitalgesellschaft gehören; ein mittelbarer Zusammenhang dadurch, dass durch die Finanzierung durch den Gesellschafter höhere Gewinnausschüttungen erwartet werden, genügt nicht.[11]

Stehen die Zinsen mit dem Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang, für die das Halb-/Teileinkünfteverfahren, § 3 Nr. 40 EStG, gilt, sind die Zinsen nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte bzw. zu 60 % steuerlich abzugsfähig.[12] Ab Vz 2009 gilt dies für Anteile im Privatvermögen nicht mehr. Für diese gilt die Abgeltungssteuer nach § 32d EStG, sodass Werbungskosten, von den Ausnahmen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG abgesehen, nicht mehr abgesetzt werden können.

Voraussetzung für den Abzug der Zinsen als Werbungskosten ist, dass aus dem Kapitalvermögen Einkünfte oder zumindest stpfl. Vermögensmehrungen zu erwarten sind, die auf längere Sicht gesehen die Werbungskosten übersteigen.[13] Ist das der Fall, sind die Zinsen auch dann abzugsfähig, wenn in einem Vz keine Erträge erzielt werden.[14]

Dabei ist der Betrachtung ein mehrjähriger Zeitraum zugrunde zu legen. Zinsen können also abzugsfähig sein, auch wenn sie in einem Vz zu Verlusten führen (Rz. 100). Die Abzugsfähigkeit fehlt nur dann, wenn Verluste erzielt werden und keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich in Zukunft noch ein Totalüberschuss ergeben kann. Maßgebend ist also, dass die Gesamtperiode der Kapitalanlage zu einem Überschuss der Einnahmen führt...

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