Rz. 159b

Die Ermittlung des Zuschlags für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist nach Auffassung des BFH nach Maßgabe einer Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer möglich.[1] Die Rspr. widersprach mehrfach der bis zum 1.4.2011 vertretenen Verwaltungsauffassung[2], wonach nur ein Ansatz von 0,03 % je Monat und Entfernungskilometer zulässig sei. In den Streitfällen des BFH[3] nutzten Arbeitnehmer jeweils einen vom Arbeitgeber auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellten Dienstwagen. Das FA setzte monatlich jeweils 0,03 % des Bruttolistenpreises der Fahrzeuge pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Einnahmen an. Dem folgte der BFH nicht und berücksichtigte den Zuschlag entsprechend der Zahl der tatsächlich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführten Fahrten.

In der Entscheidung VI R 57/09[4] stellte der BFH klar, dass die 1-%- Regelung bei Arbeitnehmern entsprechend der für Gewinneinkünfte geltenden Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG anzuwenden ist, da es für diesen Bereich keine Zuschlagsregelung, sondern nur eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs gibt. Danach entspreche es dem Gleichbehandlungsgebot und dem Gebot der Folgerichtigkeit, die Zuschlagsregelung bei Arbeitnehmern wie bei Unternehmern als Beschränkung des Werbungskostenabzugs zu verstehen. § 8 Abs. 2 S. 3 EStG regelt somit gerade nicht die Bewertung eines Vorteils für die Privatnutzung. Der BFH[5] entschied sich mithin dafür, den Zuschlag nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG als einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug zu begreifen und nur insoweit anzuwenden, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat.[6] Die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 S. 3 EStG hat insbesondere nicht die Funktion, eine irgendwie geartete zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Sie bezweckt lediglich einen Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht entstandene Erwerbsaufwendungen. Denn die Entfernungspauschale gestattet den Werbungskostenabzug unabhängig davon, ob dem Stpfl. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erste Tätigkeitsstätte tatsächlich Kosten entstanden sind. Angesichts dieser Korrekturfunktion ist der Zuschlag nur insoweit gerechtfertigt, wie (überhaupt) Werbungskosten angesetzt werden konnten.[7] Bei der Ermittlung des Zuschlags ist deshalb darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang der Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wurde.

 

Rz. 159c

Der BFH[8] entschied zudem, dass die 0,03-%-Regelung nicht formell verfassungswidrig ist, auch wenn sie im JStG 1996[9] erst nach Anrufung des Vermittlungsausschusses auf Grundlage der Beschlussempfehlungen dieses Gremiums zustande gekommen war. Laut BMF[10] ist die Rspr. des BFH für bis einschließlich Vz 2010 im Veranlagungsverfahren in allen offenen Fällen anwendbar. Seit Vz 2011 gilt die Rspr. auch im LSt-Abzugsverfahren.

 

Rz. 159d

Eine Einnahme für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist nicht anzusetzen, wenn der Arbeitnehmer das Firmenfahrzeug ausschließlich an den Tagen für diese Fahrten erhält, an denen dienstliche Fahrten von der Wohnung aus erforderlich werden können.[11]

[9] G. v. 11.10.1995, BStBl I 1995, 438.

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