Rz. 170a

§ 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 EStG, der durch G. v. 12.12.2019[1] eingefügt wurde, steht im Zusammenhang mit § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der Versicherungsbeiträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen stpfl. Wird die Versicherungsleistung jedoch erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres und nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsschluss ausgezahlt, ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG nur die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen. Die Einkünfte unterliegen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG der KapESt, die nach § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 25 % beträgt. Nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 zweiter Halbs. EStG wird die Regelung zum nur hälftigen Ansatz des Unterschiedsbetrags beim KapESt-Abzug nicht berücksichtigt. Diese hälftige Steuerbefreiung kann nur im Wege der Veranlagung geltend gemacht werden. Bei beschr. Stpfl. würde die Abgeltungswirkung den Ansatz dieser Steuerfreistellung unmöglich machen. Aus diesem Grund wird in § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 EStG die Abgeltungswirkung ausgeschlossen und damit eine Veranlagung ermöglicht.[2]

 

Rz. 170b

Die Veranlagung erfolgt nur auf Antrag des Stpfl. Der Antrag ist vor Ablauf der Festsetzungsfrist zu stellen. Die Festsetzungsfrist beginnt nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kj., in dem die Steuer entstanden ist. Da eine Pflicht zur Abgabe der KapESt-Anmeldung besteht, greift die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 AO ein. Für diesen Tatbestand ist es ohne Bedeutung, dass ein Dritter, der nicht der beschr. Steuerpflicht unterliegt, die Steueranmeldung abzugeben hat.[3] Allerdings hat die Anlaufhemmung keine Wirkung, wenn die KapESt-Anmeldung termingerecht im gleichen Kj. abgegeben wird, in dem die Kapitalerträge zufließen. Die Vorschrift ist nach § 52 Abs. 46 S. 3 EStG rückwirkend auf Erträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 zufließen. Da die Festsetzungsfrist regelmäßig ohne Berücksichtigung der Anlaufhemmung zu berechnen ist, läuft diese für Zuflüsse im Jahr 2017 am 31.12.2021 ab.

 

Rz. 170c

Durch das JStG 2020[4] wurde ab Vz 2021 in S. 11 eine besondere Zuständigkeitsregelung für die Veranlagung nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 EStG eingeführt, da die allgemeine Zuständigkeitsregelung nach § 19 Abs. 2 AO zu Unklarheiten geführt hatte. Zuständig für die Veranlagung ist nach der Neuregelung dasjenige FA, das auch für die Veranlagung zur ESt des Schuldners, d. h. des Versicherungsunternehmens, zuständig ist. Da nach § 44 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG die KapESt ebenfalls an das für den Schuldner zuständige FA abzuführen ist, liegt die Zuständigkeit für die KapESt und die Veranlagung des Gläubigers in einer Hand. Bei mehreren Schuldnern, also bei Bestehen mehrerer Versicherungsverträge mit unterschiedlichen Versicherungen, richtet sich die Zuständigkeit des FA nach demjenigen Schuldner, dessen Leistung dem Gläubiger im Vz zuerst zugeflossen ist. Die Zuständigkeit ist ggf. für jeden Vz gesondert zu bestimmen und kann sich daher von Vz zu Vz ändern.

[1] BStBl I 2020, 17.
[2] BT-Drs. 19/13436, 101f.
[4] G. v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096.

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