Rz. 120

Keine Abgeltungswirkung tritt ein, wenn der LSt-Abzug des beschr. stpfl. Arbeitnehmers im Inland aufgrund elektronischer LSt-Abzugsmerkmale durchgeführt worden ist, die Werbungskosten, Sonderausgaben oder ein Freibetrag bzw. Hinzurechnungsbetrag nach § 39a Abs. 4 EStG berücksichtigen. Gleiches gilt, wenn statt des elektronischen LSt-Abzugsmerkmals eine Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 S. 1 EStG oder nach § 39e Abs. 7 S. 5 EStG ausgestellt wurde, auf der entsprechende LSt-Abzugsmerkmale berücksichtigt sind. In diesen Fällen kann der Steuerabzug zu niedrig sein. Die Abgeltungswirkung des LSt-Abzugs wird daher ausgeschlossen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie hoch der Freibetrag ist. Als Folge ist eine Veranlagung durchzuführen. Dies könnte zweifelhaft sein, da § 46 EStG insoweit keine ausdrückliche Bestimmung zur Durchführung der Veranlagung enthält. In Betracht kommt § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG, der im letzten Halbs. auch eine Regelung für beschr. stpfl. Arbeitnehmer enthält. Vertretbar ist auch, für die Veranlagung von beschr. stpfl. Arbeitnehmern die Regelung des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG als Spezialvorschrift aufzufassen. Dann würde sich die Pflicht zur Veranlagung nicht aus § 46 EStG, sondern unmittelbar aus § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. a EStG ergeben. Dass eine Veranlagung durchzuführen ist, ergibt sich auch mit ausreichender Klarheit aus § 50 Abs. 2 S. 3 EStG, der eine Veranlagung bei allen Tatbeständen der Nr. 4 vorsieht.

 

Rz. 120a

Durch G. v. 12.12.2019[1] wurde die bisher in § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG enthaltene Bagatellgrenze von 11.900 EUR für beschr. stpfl. Arbeitnehmer in § 50 Abs. 2 Nr. 4 EStG überführt und die entsprechende Regelung in § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG gestrichen. Der Betrag von 11.900 EUR gilt für den Vz 2020. Die Bagatellgrenze wurde durch G. v. 1.12.2020[2] für den Vz 2021 auf 12.250 EUR und für Vz 2022 auf 12.550 EUR erhöht. Sie gilt nunmehr für unbeschränkt stpfl. Arbeitnehmer nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG und für beschr. stpfl. Arbeitnehmer nach § 50 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Ist ein Freibetrag nach § 39 Abs. 4 EStG als LSt-Abzugsmerkmal gebildet worden, entfällt die Abgeltung durch den LSt-Abzug daher nur, wenn der im Kj. insgesamt erzielte Arbeitslohn die Bagatellgrenze übersteigt. Ab Vz 2023 ist die Bagatellgrenze neu definiert worden, um bei künftiger Änderung der genannten Beträge eine entsprechende Anpassung zu vermeiden.[3] Die Abgeltungswirkung entfällt nach der Neuregelung, wenn der im Kalenderjahr insgesamt erzielte Arbeitslohn höher ist als die Summe aus Grundfreibetrag, Arbeitnehmer-Pauschbetrag und Sonderausgaben-Pauschbetrag. § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist entsprechend geändert worden.

Damit die Bagatellgrenze greift, muss es sich um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG handeln, wobei es jedoch gleichgültig ist, unter welchen der Tatbestände der Buchst. a–e der Arbeitslohn fällt. Andererseits wird nur Arbeitslohn in die Berechnung der Bagatellgrenze einbezogen, der einen der Tatbestände des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG erfüllt; das Gesetz nimmt eindeutig nur auf diese Vorschrift in Bezug. Da es um die beschr. Steuerpflicht geht und in diesem Rahmen ein Progressionsvorbehalt nicht vorgesehen ist, werden bei der Berechnung dieser Betragsgrenze nur beschr. stpfl. Arbeitseinkommen einbezogen, also nicht etwaiges nicht steuerbares Arbeitseinkommen, das der Arbeitnehmer im fraglichen Kj. erzielt hat. Hat der Arbeitnehmer im Kj. auch unbeschränkt stpfl. Arbeitslohn bezogen, ist die Abgeltungswirkung bereits nach § 50 Abs. 2 Nr. 3 EStG ausgeschlossen (Rz. 117f.). Bei der Berechnung der Bagatellgrenze ebenfalls nicht einbezogen werden Einkünfte des Arbeitnehmers, die kein Arbeitslohn i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind. Der Betrag der Bagatellgrenze orientiert sich an der Grenze, bis zu der regelmäßig keine ESt anfällt, weil der Grundfreibetrag der Grundtabelle sowie die Abzugsbeträge nach § 39b Abs. 2 S. 5 EStG zu berücksichtigen sind (vgl. § 46 EStG Rz. 44a).

 

Rz. 121

Die Veranlagung bei Entfallen der Abgeltungswirkung erfolgt unter Berücksichtigung des § 50 Abs. 1 EStG. In die Veranlagung sind nur diejenigen Einkünfte einzubeziehen, für die der Tatbestand des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG erfüllt ist. Für andere Einkünfte des beschr. stpfl. Arbeitnehmers bleibt die Abgeltungswirkung bestehen, z. B. für Kapitaleinkünfte, die der KapESt unterliegen, oder für Einkünfte mit Steuerabzug nach § 50a EStG. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG, wonach die Abgeltungswirkung nur für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ausgeschlossen ist, nicht für andere Einkunftsarten. Bei der Veranlagung wird für den Arbeitnehmer nach Abs. 1 S. 2 der volle Grundfreibetrag, soweit er nicht die Einkünfte aus § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG übersteigt, ohne Rücksicht auf die Dauer der beschr. Steuerpflicht angesetzt. Die Bildung eines Freibetrags als elektronisches LSt-Abzugsmerkmal nach § 39a Abs. 4 EStG kann daher über die Veranlagung und die Berücksichtigung des Gr...

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