Rz. 88b

Für beschr. Stpfl. ist der Abzug von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, einschließlich der Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, nach § 50 Abs. 1 S. 4 EStG ausgeschlossen. Europarechtlich liegt in dem Ausschluss von Pflichtbeiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV). Die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist zwingend mit dem entsprechenden Berufsstand verbunden und weist daher einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Berufstätigkeit auf. Obwohl die Beiträge durch § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Sonderausgaben eingeordnet sind, gehören sie wegen ihres Zusammenhangs mit der Berufstätigkeit zu dem objektiven, nicht dem subjektiven Nettoprinzip. Das hat zur Folge, dass sich unbeschränkt und beschr. Stpfl. in der gleichen Situation befindet und eine Ungleichbehandlung europarechtlich daher rechtfertigungsbedürftig ist. Rechtfertigungsgründe für eine Ungleichbehandlung sind aber nicht ersichtlich.[1]

Die Finanzverwaltung und Gesetzgeber haben das Urteil des EuGH umgesetzt. Durch das JStG 2020 wurde die Regelung des Abs. 1a in § 50 EStG eingefügt.[2]

Die gesetzliche Neuregelung gilt für Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die nach dem 31.12.2020 geleistet worden sind. Die Regelung für die vor dem 1.1.2021 geleistete Beiträge ist in dem BMF-Schreiben v. 26.6.2019 enthalten.[3]

Diese Regelung gilt für alle noch offenen Fälle. Die Regelung im BMF-Schreiben entspricht im Wesentlichen der Regelung in § 50 Abs. 1a EStG, sodass eine gemeinsame Interpretation erfolgen kann.

 

Rz. 88c

In sachlicher Hinsicht sind Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen erfasst, wenn eine gesetzliche Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung besteht. Das ist bei Berufsgruppen der Fall, bei denen die Berufstätigkeit die Mitgliedschaft in einer Berufskammer zwingend voraussetzt. Erfasst sind daher Beiträge von Ärzten, Apothekern, Architekten, Notaren, Rechtsanwälten, Steuerberatern einschließlich Steuerbevollmächtigten, Tierärzten, Wirtschaftsprüfern einschließlich vereidigten Buchprüfern, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Ingenieuren und Patentanwälten. Es muss sich um Beiträge für eine Pflichtmitgliedschaft handeln, die auf einer für die inländische Berufstätigkeit erforderlichen Zulassung beruht. Nicht erfasst werden daher entsprechende Beiträge an eine private Rentenversicherung und freiwillige Beiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung. Beiträge zur Künstlersozialkasse sind daher nicht erfasst, da für die Berufstätigkeit als Künstler keine Zulassung erforderlich ist.

 

Rz. 88d

In persönlicher Hinsicht erfasst werden Gewerbetreibende und selbstständig Tätige und damit Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2, 3 EStG. Eine besondere Regelung für Arbeitnehmer i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist nicht erforderlich, da solche Beiträge bei diesen bereits nach § 50 Abs. 1 S. 5 EStG abziehbar sind. Zusätzlich gilt die Regelung nach § 50 Abs. 1a S. 2 EStG nur für Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates, die im Gebiet eines dieser Staaten oder der Schweiz ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Ausgedehnt ist die Regelung auf Staatsangehörige der Schweiz, die im Bereich der EU oder der Schweiz ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Bei Staatsangehörigen der Schweiz genügt ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in einem EWR-Staat also nicht. Staatsangehörige eines Drittstaates sind nicht berechtigt, da die Regelung auf der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) beruht, die für Drittstaaten nicht gilt. Die Regelung für Staatsangehörige der Schweiz beruht auf dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz, das die Niederlassungsfreiheit auf Staatsangehörige der Schweiz ausdehnt.

 

Rz. 88e

Die Beiträge können nach § 50 Abs. 1a S. 3 EStG nur dann als Sonderausgaben abgezogen werden, soweit ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder selbstständiger Tätigkeit besteht. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang erfordert eine besonders enge Verbindung zwischen den Einkünften und den Aufwendungen. Dieser unmittelbare Zusammenhang ist gegeben, soweit die Berufstätigkeit nur durch die Zulassung ermöglicht wird, die ihrerseits zu der Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Diese Voraussetzung ist nur bei Pflichtbeiträgen erfüllt.[4] Kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht daher, soweit die Berufsausübung auch ohne Zahlung der Beiträge an die Versorgungseinrichtung möglich ist. Das betrifft freiwillige Beiträge, die über die Pflichtbeiträge hinausgehen, sowie Beiträge zu privaten Rentenversicherungen.

 

Rz. 88f

§ 50 Abs. 1a S. 3 EStG behandelt den Fall, dass der beschr. Stpfl. nicht nur Einkünfte aus der Berufsausübung in Deutschland, sondern auch in einem oder mehreren anderen Staaten...

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