Rz. 414

Durch Nr. 9 werden die Überlassung zur Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von "gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten", also der Bereich des Know-how erfasst. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich um eine tatsächliche, rechtlich nicht durch Eigentumsrechte geschützte Position handelt, die somit kein Recht i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist, andererseits jedoch wirtschaftlich verwertet werden kann. Know-how kann das Ergebnis erfinderischer Tätigkeit sein, aber auch nur von Erfahrungen, wie sie jeder andere auch erwerben könnte, wenn er genügend Zeit, Fachkräfte, Kosten usw. aufwenden würde. Es kann vom einfachen Erfahrungswissen bis zur nicht geschützten Erfindung reichen.[1] Rechtlich geschützt ist dieses Wissen nur, wenn es sich um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handelt; dieser Schutz schließt aber Parallelentwicklungen nicht aus und ist daher nur eingeschränkt. Definiert wird Know-how in § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG als gewerbliche, technische, wissenschaftliche oder ähnliche Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten. Beispielhaft, nicht abschließend, wird dies erläutert durch die Angabe von "Plänen, Mustern und Verfahren".[2] Zu beachten ist aber, dass an Plänen, Karten, Skizzen und technischen Zeichnungen ein Urheberrecht bestehen kann. Da dann eine rechtlich geschützte Position besteht, ist nicht Nr. 9, sondern Nr. 2 Buchst. f, Nr. 3 oder Nr. 6 anwendbar, die m. E. vorrangig sind. Unter den Tatbestand der Nr. 9 fallen, wenn nicht bereits einer der vorrangigen Tatbestände erfüllt ist, auch Vergütungen für die zeitweise Überlassung von Programmen zur Produktion von Gegenständen durch 3D-Drucker.[3] Keinesfalls unter Nr. 9 fallen Vergütungen für (literarische, künstlerische etc.) Urheberrechte (Autorenrechte), da diese nicht zu dem "gewerblichen Know-how" gehören.[4]

 

Rz. 415

Unter den "ähnlichen" Kenntnissen usw. werden auch kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse usw. erfasst (z. B. Marktkenntnisse, Marketingkenntnisse, Erfahrungen auf dem Gebiet der Betriebsrationalisierung, Betriebsabläufe, Verfahrensweisen usw.). Dagegen liegt keine Nutzung von Know-How bei Werbeeinnahmen aus im Inland veranstalteter Werbung durch Online-Werbung auf Suchmaschinen für inländische Kunden. Damit sind Anbieter von Werbung auf Online-Suchmaschinen nicht beschr. stpfl., wenn sie im Inland keine Betriebsstätte oder ständigen Vertreter unterhalten. Die Vergütung für diese Werbung wird nicht für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen oder ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten gezahlt.[5]

 

Rz. 416

Nicht unter Nr. 9 fällt die Überlassung von Kundenadressen. Kundenadressen repräsentieren keine "Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten" (Know-how), also keine immateriellen, sondern materielle Wirtschaftsgüter, für die die Vorschrift nicht gilt. Das gilt auch dann, wenn die Adressenbestände nach bestimmten Kriterien (Marketinggesichtspunkten), nach demografischen Vorgaben, Berufsgruppen, Alter, Geschlecht, regionaler Zugehörigkeit usw. aufbereitet und selektiert sind. Dies repräsentiert keine bestimmten "Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten".[6]

 

Rz. 417

Kennzeichnend für die Einkünfte aus § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist, dass durch die Leistung des Know-how-Inhabers der Abnehmer in die Lage versetzt werden soll, das Know-how, das ihm vermittelt wurde, selbst anzuwenden. Vermittelt der Know-how-Inhaber das Know-how nicht, sondern wendet er es selbst an, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG, oder aus selbstständiger Arbeit, § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG, vor. Unter § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG fällt nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die "Überlassung der Nutzung", nicht die eigene Nutzung.[7]

 

Rz. 418

Keine Nutzungsüberlassung liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Ergebnisse der Entwicklung nicht dem Auftraggeber überlassen muss, sondern sie frei verwerten kann. Dies ist der Fall bei Forschungsaufträgen an ausl. Forschungsinstitute, bei denen diese die Ergebnisse der Forschung veröffentlichen. Dann werden die Ergebnisse nicht gezielt dem Auftraggeber "überlassen".[8]

 

Rz. 419

Anknüpfungstatbestand ist, dass die immateriellen Vermögenswerte im Inland genutzt werden oder worden sind. Der beschr. Stpfl. braucht nicht der Nutzende zu sein. Es genügt, wenn er aus der Nutzung der immateriellen Vermögenswerte durch eine andere Person Einkünfte erzielt. Grundlage dieser Einkünfte wird in aller Regel ein Lizenzvertrag sein, aus dem der beschr. Stpfl. Einkünfte aus Lizenzzahlungen erzielt. Aufgrund der Fassung des Gesetzes kann aber fraglich sein, ob auch Einkünfte der beschr. Steuerpflicht unterliegen, wenn es nicht zu einer Nutzung der Vermögenswerte gekommen ist. Die Rspr. stellt darauf ab, dass das Know-how tatsächlich im Inland verwendet oder eingesetzt worden ist. Das soll auch dann der Fall sein, wenn das Know-how im Inland überlassen wurde, auch wenn es tatsächlich nicht genutzt w...

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