Rz. 63

Der Antrag des Stpfl. auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist nach Streichung der Zweijahresfrist (Rz. 64) nicht mehr fristgebunden. Der Stpfl. kann die Veranlagung aber nicht mehr wirksam beantragen, wenn bereits Festsetzungsverjährung gem. § 169 Abs. 1 S. 1 AO eingetreten ist (Rz. 65).

 

Rz. 64

Durch das JStG 2008 v. 20.12.2007[1] sind die für den Regelfall geltende Zweijahresfrist und die in Sonderfällen maßgeblichen verlängerten Fristen für die Abgabe der Steuererklärung in § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 bis 4 EStG a. F. rückwirkend ab dem Vz 2005 und für alle offenen Steuerfälle vor diesem Vz gestrichen worden (§ 52 Abs. 55j S. 2 EStG). Mit dem Verzicht auf die Fristen soll ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zu mehr Bürgerfreundlichkeit geleistet werden. Gleichzeitig stellt die Gesetzesänderung eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Streitanfälligkeit der Zweijahresfrist und die Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit dar.[2]

 

Rz. 64a

Die Anwendung der Neuregelung auf offene Steuerfälle vor dem Vz 2005 setzt nach § 52 Abs. 55j S. 2 EStG i. d. F. des JStG 2008 v. 20.12.2007 voraus, dass am 28.12.2007 über einen Antrag auf Veranlagung noch nicht bestandskräftig entschieden ist; der BFH und die Verwaltung legen diese Vorschrift sehr weitgehend dahin aus, dass eine Antragsveranlagung nur dann ausgeschlossen ist, wenn die Durchführung der Veranlagung zu diesem Zeitpunkt bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist.[3] Eine Antragsveranlagung ist danach auch dann möglich, wenn der Antrag erst zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Stichtag gestellt worden ist, zu dem noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist, da diese Fälle einer umfassenden Erledigung zugeführt werden sollen. Liegt dagegen am Stichtag ein bestandskräftiger Ablehnungsbescheid vor, so kommt eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht mehr in Betracht.[4] Dies gilt auch für die Fälle, in denen aufgrund der Änderung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durch das JStG 2007 (Rz. 26a) ein Wechsel der Veranlagungsart von der Pflicht- zur Antragsveranlagung erfolgt ist, da § 52 Abs. 55j S. 4 EStG insoweit kein erneutes Antragsrecht eröffnet.[5]

 

Rz. 65

Der Antrag ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Er wird daher erst zu dem Zeitpunkt wirksam, zu dem er dem FA zugeht. Der Antrag muss bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist beim zuständigen FA eingegangen sein.[6] Die Zuständigkeit für die Durchführung der Veranlagung richtet sich nach § 19 AO; für die Antragsveranlagung von unbeschränkt Stpfl. i. S. d. § 1 Abs. 3 EStG enthält § 46 Abs. 2 Nr. 9 Halbs. 2 EStG eine abweichende Zuständigkeitsregelung (Rz. 70c). Im Fall der Zusammenveranlagung (Rz. 59) muss der Antrag beider Ehegatten innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt werden. Durch den rechtzeitigen Eingang des Antrags wird der Ablauf der Festsetzungsfrist bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des FA oder der Ablehnung des Antrags auf Veranlagung gehemmt (§ 171 Abs. 3 AO)[7] Ein rechtzeitiger Antrag liegt auch dann vor, wenn der Stpfl. die ESt-Erklärung am Tag des Ablaufs der vierjährigen (Rz. 65b) Festsetzungsfrist (31.12.) außerhalb der Öffnungszeiten des FA bis 24:00 Uhr in den Briefkasten des FA einwirft, da es insoweit abweichend vom zivilrechtlichen Zugang von Willenserklärungen nicht darauf ankommt, dass für das zuständige FA noch am selben Tag die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Inhalts der ESt-Erklärung bestand.[8]

 

Rz. 65a

Geht der Antrag des Stpfl. auf Durchführung einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist bei FA ein, kann die Verspätung nicht durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO geheilt werden.[9] Im Gegensatz zu den in § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 bis 4 EStG a. F. enthaltenen Ausschlussfristen kommt eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO in eine abgelaufene Festsetzungsfrist nicht in Betracht, da die Festsetzungsfrist nicht dem Stpfl. ein bestimmtes Verhalten nahe legt, sondern im Festsetzungsverfahren von der Finanzbehörde zu beachten ist.[10]

 

Rz. 65b

Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO), sofern sie nicht durch DBA verlängert wird (Rz. 65f). Sie beginnt mit Ablauf des jeweiligen Vz (§ 170 Abs. 1 AO i. V. m. § 36 Abs. 1 EStG). Im Gegensatz zu den Fällen der Amtsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG) kommt es bei der Antragsveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG regelmäßig[11] nicht zu einer Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO[12]. Denn in den Fällen der Antragsveranlagung kann die für die Anlaufhemmung erforderliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht aus § 25 Abs. 3 EStG abgeleitet werden. Dies ergibt sich aus § 56 EStDV, der die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung bei Arbeitnehmern auf die Fälle der Amtsveranlagung beschränkt. § 25 Abs. 3 EStG steht zudem im Zusammenhang mit § 25 Abs. 1 EStG, der eine Veranlagung nur dann vorsieht, wenn sie nicht nach § 46 EStG unterbleibt.

 

Rz. 65c

Eine ...

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