Rz. 17

Zweck der Haftung des Arbeitgebers nach § 42d Abs. 1 ist es, die Steuerschuld gegen den Arbeitnehmer zu sichern.[1] Daher ist die Haftung des Arbeitgebers akzessorisch in dem Sinn, dass sie nur insoweit entsteht und solange besteht, als der Arbeitnehmer LSt oder ESt schuldet. Der Arbeitgeber haftet nur für diejenige LSt, die er einzubehalten gesetzlich verpflichtet ist, nicht aber für gesetzwidrig zu hoch einbehaltene LSt.[2]

 

Rz. 18

Die Haftung des Arbeitgebers ist abhängig von der LSt-Schuld des Arbeitnehmers. Welche Schuld hier zugrunde liegt, ist nur klar zu beantworten für die Zeit während des laufenden Kalenderjahrs. Währenddessen haftet der Arbeitgeber für die LSt, die er bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn nach § 38 Abs. 3 EStG einzubehalten hat. Die Höhe der LSt richtet sich nach den Eintragungen auf der LSt-Karte (Prinzip der Maßgeblichkeit der LSt-Karte). Insoweit stimmen die LSt-Schuld des Arbeitnehmers und die Haftungsschuld des Arbeitgebers überein.

 

Rz. 19

Die Akzessorietät der Haftung des Arbeitgebers, also ihre Abhängigkeit von der Steuerschuldnerschaft des Arbeitnehmers, besteht auch fort, wenn das Kj. abgelaufen ist. Der BFH versteht unter der Schuld, für die der Arbeitgeber haftet, die LSt-Schuld, die nach Maßgabe der Eintragungen auf der LSt-Karte für das vergangene Kj. entstanden ist.[3]

 

Rz. 20

Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die Haftung des Arbeitgebers verschuldensabhängig sei: Im Zivilrecht wie auch im öffentlichen Recht werde nur bei Verschulden gehaftet. Eine verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers sei unverhältnismäßig. Diese Auffassung widerspricht jedoch dem Wortlaut von § 42d EStG. Ein Verschulden ist keine Tatbestandsvoraussetzung für eine Arbeitgeberhaftung.[4] Die Haftung hängt von einer objektiven Pflichtverletzung des Arbeitgebers ab. § 42d EStG begründet eine Erfolgshaftung des Arbeitgebers im Rahmen eines von ihm beherrschten Risikobereichs (s. Rz. 30 z. B. der freiwilligen Trinkgelder).[5] Diese Auffassung ist allerdings umstritten. Krüger[6] verlangt ein Verschulden des Arbeitgebers bei der Pflichtverletzung. Mangels eines solchen Verschuldens hält er bereits den Haftungstatbestand nicht für gegeben. Der Arbeitgeber hat verschiedene Möglichkeiten, einer Haftungsinanspruchnahme vorzubeugen: Er kann bei Zweifeln über seine Pflichten vorsorglich eine Auskunft beim Betriebsstätten-FA nach § 42e EStG verlangen.[7] Erkennt er, dass er seine Pflichten bereits verletzt hat, so kann er eine Haftungsinanspruchnahme vermeiden, indem er dies unverzüglich dem Betriebsstätten-FA nach § 41c Abs. 4 EStG anzeigt (§ 42d Abs. 2 Nr. 1 EStG; Rz. 43).

 

Rz. 21

Dennoch kann das Verschulden des Arbeitgebers eine Rolle bei der Ermessensentscheidung spielen, die das Betriebsstätten-FA nach § 42d Abs. 3 S. 2 EStG zu treffen hat, ob es den Arbeitgeber anstelle des Arbeitnehmers als Haftenden in Anspruch nehmen will.[8] Ein schuldloses Verhalten des Arbeitgebers oder ein geringfügiges Verschulden ist bei der Frage zu würdigen, ob eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Rahmen des Ermessens liegt.[9] Seine Haftung kann z. B. ausgeschlossen sein, wenn er sich bei der Durchführung des LSt-Abzugs in einem Rechtsirrtum befunden hat, der durch eine frühere LSt-Außenprüfung hervorgerufen oder in dem er durch Maßnahmen des LSt-Außenprüfers bestärkt worden war (Rz. 63ff.).[10] Oder seine Inanspruchnahme kann auch ausgeschlossen sein, wenn er den individuellen LSt-Abzug ohne Berücksichtigung von Gesetzesänderungen durchgeführt hat, soweit es ihm in der kurzen Zeit zwischen der Verkündung des Gesetzes und den folgenden LSt-Abrechnungen auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs nicht zumutbar war, die Gesetzesänderungen zu berücksichtigen.[11]

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