Rz. 13

Wird über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, hat der Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens die Pflichten des Arbeitgebers zu erfüllen (§ 34 Abs. 3 AO; § 155 Abs. 1 S. 2 InsO). Er hat daher ebenso wie der Arbeitgeber LSt einzubehalten und abzuführen und die LSt-Anmeldungen abzugeben, und zwar auch für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Erfüllt der Insolvenzschuldner bzw. Insolvenzverwalter die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der LSt nicht, entsteht nach § 42d EStG ein Haftungsanspruch. Dieser Haftungsanspruch beruht auf der Pflichtverletzung durch den Insolvenzschuldner bzw. Insolvenzverwalter.[1]

 

Rz. 14

Hat der Insolvenzschuldner die Pflichtverletzung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangen, ist die Haftungsschuld eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO.

 

Rz. 15

Erfüllt der Insolvenzverwalter Lohnrückstände aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, und behält er hierauf keine LSt ein bzw. führt sie nicht ab, ist der Haftungsanspruch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Verhalten des Insolvenzverwalters begründet und gehört daher zu den Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

 

Rz. 16

Zahlt der Insolvenzverwalter Löhne für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus, ohne LSt einzubehalten oder abzuführen, ist der Haftungsanspruch ebenfalls nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Verhalten des Insolvenzverwalters begründet und daher eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

 

Rz. 17

Im Fall der Pauschalierung der LSt nach den §§ 40ff. EStG ist maßgebend, wann die Arbeitsleistung, für die die LSt pauschaliert wird, erbracht worden ist. Wurde die Arbeitsleistung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, ist die pauschale LSt eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO. Wurde sie nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Ohne Bedeutung ist in beiden Fällen, wann der Pauschalierungsantrag gestellt und wann der Lohn ausgezahlt wurde.

 

Rz. 18

Ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und auf ihn das Verwaltungs- und Verfügungsrecht übergegangen, hat dieser nach § 34 AO die lohnsteuerlichen Pflichten des Arbeitgebers zu erfüllen. Zahlt der vorläufige Insolvenzverwalter Löhne für die Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung aus, oder zahlt er Löhne für die vorhergehende Zeit ohne Einbehaltung und Abführung der LSt aus, beruhen die daraus entstehenden LSt-Ansprüche auf dem Verhalten des vorläufigen Insolvenzverwalters; sie sind im Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO.

 

Rz. 19

Beschäftigt der Insolvenzverwalter den Insolvenzschuldner gegen Entgelt zur Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse, so handelt es sich jedenfalls steuerrechtlich nicht um ein Arbeitsverhältnis. Der Insolvenzschuldner bezieht keinen Arbeitslohn. Da er steuerlich weiterhin der Inhaber der Insolvenzmasse bleibt und ihm auch die Einkünfte hieraus zuzurechnen sind, stellt die Zuwendung an ihn lediglich die Gestattung der Entnahme dar, die keine steuerlichen Folgen auslöst.[2]

[1] Zur LSt in der Insolvenz Knobbe-Keuk, DB 1973, 2029; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 2010, 178ff.
[2] Fichtelmann, FR 1977, 439; a. A. BFH v. 21.1.1977, III R 107/73, BStBl II 1977, 393.

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