Rz. 66

§ 38 Abs. 3a S. 2 bis 5 EStG regelt die freiwillige Übernahme der lohnsteuerlichen Pflichten des Arbeitgebers durch einen Dritten für weitere Fallgestaltungen. Die Vorschrift soll im Wesentlichen folgende Fälle erfassen[1]:

  • Bei der studentischen Arbeitsvermittlung ist der einzelne Arbeitnehmer in mehreren kurzfristigen aufeinanderfolgenden Dienstverhältnissen für unterschiedliche Arbeitgeber tätig. Die studentische Arbeitsvermittlung fasst die Löhne zusammen, berechnet hieraus die LSt und meldet sie zusammengefasst für eine Vielzahl von Arbeitnehmern an und führt sie an das FA ab.
  • Für Arbeitnehmer mit mehreren gleichzeitig nebeneinander bestehenden Dienstverhältnissen übernimmt einer der Arbeitgeber als Stammarbeitgeber und Abrechnungsstelle die Auszahlung des Arbeitslohns, die Berechnung, Anmeldung und Abführung der zusammengefassten LSt. Diese Gestaltung findet sich wegen der Spartentrennung häufig bei Versicherungsunternehmen.
  • Für Arbeitnehmer mit nur einem Arbeitsverhältnis übernimmt ein Dritter die Auszahlung des Arbeitslohns, die Berechnung, Anmeldung und Abführung der LSt. Diese Gestaltung kommt vor bei leitenden Konzernmitarbeitern, der Auszahlung von Betriebsrenten, bei zentralen Abrechnungsstellen, z. B. für Arbeitnehmer der Kirchen und der Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, bei Arbeitnehmern von Wohnungseigentümergemeinschaften sowie bei Mitarbeitern von Landtags- und Bundestagsabgeordneten.
  • Ein Dritter übernimmt die Arbeitgeberpflichten für in diesem Bereich unerfahrene Arbeitgeber, z. B. bei hauswirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnissen.
 

Rz. 66a

In den genannten Fällen dient die Übernahme der lohnsteuerlichen Arbeitgeberpflichten einer effizienten und fehlerfreien Durchführung des LSt-Abzugsverfahrens.[2]

 

Rz. 67

Der Dritte muss Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland haben. Dadurch wird sichergestellt, dass der Dritte der lohnsteuerlichen Aufsicht unterliegt.

 

Rz. 67a

Die Übernahme der lohnsteuerlichen Arbeitgeberpflichten setzt nach § 38 Abs. 3a S. 3 EStG weiterhin voraus, dass sich der Dritte gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, für ihn die lohnsteuerlichen Pflichten zu erfüllen. Der Dritte muss zudem dadurch in das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer eingeschaltet sein, dass er entweder den Lohn an den Arbeitnehmer auszahlt oder den Arbeitnehmer selbst vermittelt hat. Die Übernahme der lohnsteuerlichen Arbeitgeberpflichten darf die Steuererhebung nicht beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt vor, wenn durch die Einschaltung des Dritten im konkreten Einzelfall das LSt-Abzugsverfahren wesentlich erschwert oder die Erhebung der LSt gefährdet wird. Eine Übernahme der lohnsteuerlichen Pflichten durch einen Dritten nur für einen Teil des Arbeitslohns des Arbeitnehmers ist damit ausgeschlossen.

 

Rz. 68

Die Übertragung der lohnsteuerlichen Arbeitgeberpflichten setzt die Zustimmung des FA voraus. Zuständig ist nach § 38 Abs. 3a S. 4 EStG das Betriebsstätten-FA des Dritten, das seine Entscheidung im Einvernehmen mit dem Betriebsstätten-FA des Arbeitgebers trifft.[3] Die Entscheidung des FA ist eine gebundene Entscheidung. Der Arbeitgeber und der Dritte haben bei Vorliegen der in Rz. 67f. genannten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Zustimmung.

 

Rz. 69

Die Zustimmung ist ein Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO. Es handelt sich um einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, da er sowohl gegenüber dem Dritten durch Auferlegung der lohnsteuerlichen Pflichten als auch gegenüber dem Arbeitgeber durch die Befreiung von den entsprechenden lohnsteuerlichen Pflichten wirkt.

 

Rz. 69a

Die Zustimmung darf mit Nebenbestimmungen versehen werden. In Betracht kommen insbesondere Auflagen nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 AO, aber auch Befristungen nach § 120 Abs. 2 Nr. 1 AO. Nebenbestimmungen dürfen nur ergehen, um die ordnungsgemäße Steuererhebung sicherzustellen und die Überprüfung des LSt-Abzugs im Rahmen der LSt-Außenprüfung nach § 42f EStG zu erleichtern. Sie können sich an den Dritten oder den Arbeitgeber richten. Dem Arbeitgeber können insbesondere durch Nebenbestimmungen bestimmte Mitwirkungspflichten z. B. die Vorlage der Lohnkonten auferlegt werden, wenn bei dem Dritten eine LSt-Außenprüfung durchgeführt wird.

 

Rz. 70

Die Zustimmung kann nach § 38 Abs. 3a S. 5 EStG mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Diese Regelung ist eine Sondervorschrift zu den §§ 130, 131 AO. Für den Widerruf kommt es damit nicht darauf an, ob die Zustimmung des Betriebsstätten-FA rechtswidrig war. Der Widerruf kann jederzeit ohne Vorliegen besonderer Gründe erfolgen. Allerdings darf der Widerruf nicht erfolgen, wenn der Dritte bzw. der Arbeitgeber einen Anspruch auf Neuerteilung der Zustimmung hätten, weil sie die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllen. Das Betriebsstätten-FA des Dritten hat über den Widerruf nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Ermessensfehlerfrei ist der Widerruf jedenfalls dann, wenn der Dritte seinen lohnsteuerlichen Pflichten nicht nach...

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