Rz. 45

Der Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG greift nur ein, wenn und soweit (ausl.) Einkünfte nach einem DBA im Inland steuerfrei sind. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG verlangt den Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der ESt durch das sonstige zwischenstaatliche Übereinkommen.

Die Vorschrift gilt mit Ausnahme der in § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG genannten Fälle nur für unbeschränkt Stpfl.; nur bei diesen können ausl. Einkünfte im Inland überhaupt von steuerlicher Bedeutung sein. Zum Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht vgl. § 1 EStG Rz. 25.

Bei der unbeschränkten Steuerpflicht gehören grundsätzlich auch die ausl. Einkünfte zu dem zu versteuernden Einkommen; zum Begriff der ausl. Einkünfte vgl. § 34d EStG. Da somit die ausl. Einkünfte in die inländische Besteuerung einbezogen werden, besteht die Gefahr einer Doppelbelastung der ausl. Einkünfte mit inländischer und ausl. Steuer. Nach dem System des deutschen Außensteuerrechts soll eine solche Doppelbelastung möglichst vermieden werden. Die technischen Mittel, diese Doppelbesteuerung zu vermeiden, sind verschieden, je nachdem, ob mit dem ausl. Staat ein DBA abgeschlossen wurde oder nicht.

Besteht kein DBA, sind alle ausl. Einkünfte im Inland stpfl.; die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt durch Anrechnung der ausl. Steuer auf die deutsche ESt (§ 34c Abs. 1 EStG) oder durch Abzug der ausl. Steuer von der Bemessungsgrundlage (§ 34c Abs. 2, 3 EStG; Einzelheiten vgl. Kommentierung zu § 34c EStG).

Soweit kein DBA besteht, sind die ausl. Einkünfte im Inland also nicht steuerfrei; daher ist der Progressionsvorbehalt des § 32b EStG nicht anwendbar.

Besteht mit dem ausl. Staat ein DBA, hängt die Methode der Vermeidung der Doppelbesteuerung von dem Inhalt des DBA ab. Üblicherweise verwenden die DBA, je nach der Art der Einkünfte, die Anrechnungsmethode und die Freistellungsmethode. Soweit das DBA für einzelne Einkunftsarten die Anrechnung der ausl. Steuer auf die inländische Steuer vorsieht, gilt das Gleiche wie in den Fällen, in denen kein DBA besteht; für die Anwendung des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG ist kein Raum. Verwendet das DBA dagegen die Freistellungsmethode, bleiben die diesbezüglichen ausl. Einkünfte im Inland von der inländischen Steuer freigestellt; hier greift der Progressionsvorbehalt des § 32b EStG ein.[1]

Bei der Anwendung des deutschen Steuerrechts ist stets eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausl. Einkünfte nach deutschem Recht vorzunehmen. Die Vergleichbarkeit von Altersrenten ist dann anzunehmen, wenn die ausl. Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht.[2]

 

Rz. 46

Durch G. v. 22.12.1989[3] ist der Progressionsvorbehalt gem. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG auch auf Einkünfte ausgedehnt worden, die nach einem sonstigen zwischenstaatlichen Übereinkommen steuerfrei sind und bei denen das Übereinkommen eine Einbeziehung in die Progressionsberechnung vorsieht. Es handelt sich um die Bezüge des Personals internationaler Organisationen.[4] Die Vorrechte und Befreiungen, die für die Organisationen und ihr Personal vorgesehen sind, bezwecken nicht die Vermeidung der Doppelbesteuerung, sondern hauptsächlich einen angemessenen Finanzausgleich zwischen den Mitgliedstaaten.[5]

Eine Übersicht über die zwischenstaatlichen Abkommen, die Einkünfte steuerfrei stellen, gibt die Finanzverwaltung.[6]

Diese Steuerbefreiungen erfassen regelmäßig nicht ausl., sondern inländische Einkünfte. Hat das Abkommen auf die Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt verzichtet, bleiben die durch das Abkommen steuerfrei gestellten Einkünfte bei der Veranlagung vollständig außer Betracht (s. aber Rz. 47).

Der Progressionsvorbehalt für die Einkünfte wurde m. W. v. Vz 1990 eingeführt. Die Regelung ist allerdings nur deklaratorisch[7]; der Progressionsvorbehalt galt daher auch vorher aufgrund des jeweiligen internationalen Abkommens, das durch das jeweilige Zustimmungsgesetz in nationales Recht transformiert worden ist.[8]

Voraussetzung für die Anwendung des Progressionsvorbehalts ist jedoch, dass das zwischenstaatliche Recht dies zulässt (zur Problematik Rz. 53). Das ist beim sog. Europagehalt von Lehrern an Europäischen Schulen im Ausland nicht der Fall; für diese gilt der Progressionsvorbehalt daher nicht.[9]

Beispiel für die Befreiung der Lohnbezüge des Personals internationaler Organisationen ohne Progressionsvorbehalt ist Art. 14 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der EGen.[10] Gegenbeispiel mit Progressionsvorbehalt ist Art. 16 des Protokolls über Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation.[11]

 

Rz. 47

Die EU zahlt an ihren Organen zugewiesene nationale Sachverständige (Beamte) ein Tagegeld (EU-Tagegeld). Darüber hinaus erhält der Beamte während der Zeit der Zuweisung bei der EU die ihm aus seinem Amt zustehende Besoldung von seiner Herkunftsdienststelle. Wird der Beamte nach § 123a Abs. 1 BRRG zugewiesen und wird die Zuweisung einer Abordnung i. S....

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge