Rz. 99

§ 32 Abs. 5 EStG ist nur noch anzuwenden, wenn das Kind den Dienst oder die Tätigkeit vor dem 1.7.2011 angetreten hat (§ 52 Abs. 32 S. 2 EStG). Dem liegt die Aussetzung des Wehr- oder Zivildienstes zum 1.7.2011 zugrunde.

Kinder werden während des Grundwehrdiensts, Zivildiensts usw. grds. nicht berücksichtigt, abgesehen von Ausnahmen wie einem berufsbegleitenden Studium, das neben dem Dienst absolviert wird.[1] Deshalb wurden durch das JStG 1996 v. 11.10.1995[2] ab Vz 1996 Verlängerungstatbestände eingeführt, nach denen arbeitslose Kinder (Abs. 4 S. 1 Nr. 1) und Kinder in Berufsausbildung (Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a), die einen entsprechenden Dienst (Grundwehrdienst oder Ersatzdienst etc.) geleistet haben, für einen der Dauer dieses Diensts entsprechenden Zeitraum über das 21. bzw. 27. Lebensjahr hinaus zu berücksichtigen sind. Dementsprechend ist die Berücksichtigung von Kindern, deren Berufsausbildung durch diese Dienste unterbrochen wurde, weggefallen. Ab 2000 wurde die Verlängerungsmöglichkeit für Kinder in einer Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten ausgedehnt (FamFG 1999; Rz. 9); ab 2002 werden auch Übergangszeiten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und einem entsprechenden Dienst erfasst (2. FamFG; Rz. 9).

Die Verlängerungstatbestände sind abschließend. Kinder i. S. v. Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c–d werden nicht erfasst. Insbes. für Kinder ohne Ausbildungsplatz (Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c) ist kein Verlängerungstatbestand mehr vorgesehen.

 

Rz. 100

§ 32 Abs. 5 S. 1 EStG zählt die begünstigten Dienste abschließend auf:

  • Nr. 1: der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst. Der Dienst im Zivilschutz und Katastrophenschutz ist nicht gleichgestellt.[3] Abs. 5 S. 4 betr. Gleichstellung des in der ehemaligen DDR abgeleisteten Diensts ist ab 2007 entfallen (StÄndG 2007, Rz. 9a).
  • Nr. 2: freiwillige Verpflichtung zum Wehrdienst. Bei einer drei Jahre überschreitenden freiwilligen Verpflichtung liegt regelmäßig eine Berufstätigkeit vor, bei der der Zweck, die vorübergehende Dienstleistung zu begünstigen, nicht mehr gegeben ist.
  • Nr. 3: eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer nach dem EntwicklungshelferG.
 

Rz. 101

Das Kind wird (mindestens) für den der Dauer des von ihm geleisteten Diensts entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen Grundwehrdiensts oder Zivildiensts bzw. bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen Zivildiensts berücksichtigt. Dies gilt auch dann, wenn im ersten Monat des Dienstes noch Kindergeld bezogen wurde, weil der Dienst nicht am Monatsersten begann.[4] Die Verlängerung soll nur die Ausbildungsverzögerung, die nach dem 18. Lebensjahr entstanden ist, ausgleichen. Denn bis zum 18. Lebensjahr wird das Kind nach Abs. 3 berücksichtigt. Deshalb sind nur die Monate des Diensts als Verlängerungstatbestand zu berücksichtigen, die nach Vollendung des 18. Lebensjahrs abgeleistet werden.[5] Wurde ein Teil des Verlängerungstatbestands nach der Vollendung des 21. Lebensjahrs berücksichtigt, kann nach dem 25. Lebensjahr nur noch die Differenz zum inländischen gesetzlichen Dienst als Verlängerungstatbestand angesetzt werden.[6] Ein Kind, das den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet hat, ist nach § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG über die Vollendung des 25. Lebensjahrs hinaus für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum kindergeldrechtlich auch dann zu berücksichtigen, wenn es während der Dienstzeit zugleich für einen Beruf ausgebildet und i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als Kind berücksichtigt worden ist.[7]

 

Rz. 102

Bei Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdiensts oder Zivildiensts in einem EU- oder EWR-Staat (Staaten der EU zuzüglich Island, Liechtenstein, Norwegen) ist die Dauer des Diensts in diesem Land maßgebend (§ 32 Abs. 5 S. 2 EStG). Nach § 8 Abs. 2 WPflG kann im Ausland abgeleisteter Wehr- oder Zivildienst auf den inländischen Wehrdienst angerechnet werden. In Nicht-EWR-Staaten abgeleistete Dienste können jedoch nur bis zur Dauer des deutschen gesetzlichen Grundwehrdiensts oder Zivildiensts berücksichtigt werden.[8]

 

Rz. 103

Nach § 32 Abs. 5 S. 3 EStG ist auch hier bis 2011 die Einkommensgrenze zu berücksichtigen. Die Verlängerung scheidet aus, wenn die Einkünfte- und Bezügegrenze gem. § 32 Abs. 4 S. 2 bis 7 EStG a. F. überschritten ist.

Ab 2012 wird das Kind für die Dauer der sich aus § 32 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG ergebenden Verlängerungszeiträume nur dann berücksichtigt, wenn es keiner, bzw. einer unschädlichen Erwerbstätigkeit i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 EStG n. F. nachgeht.[9]

[2] BStBl I 1995, 438.
[3] Grönke/Reimann, in H/H/R, EStG/KStG, § 32 EStG Rz. 151.
[5] Tz. 63.5 Abs. 3 DA-FamEStG 2013.
[8] A ...

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