Rz. 84

Kinder sind auch dann für das Kindergeld berücksichtigungsfähig, wenn sie nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums weitere Ausbildungen beginnen oder wenn ein anderer Tatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG vorliegt. Die Voraussetzungen hierfür wurden mit dem StVereinfG (Rz. 9b) ab 2012 neu geregelt. In diesen Fällen sind Kinder nur berücksichtigungsfähig, wenn sie keiner – schädlichen – Erwerbstätigkeit nachgehen.

Eine Berufsausbildung i. d. S. liegt vor, wenn das Kind durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erwirbt, die zur Aufnahme eines Berufes befähigen. Voraussetzung ist – anders als bei einer Ausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Rz. 60ff.), dass der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges erlernt wird und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung abgeschlossen wird. Dabei ist das Tatbestandsmerkmal "Berufsausbildung" nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG enger gefasst als das Tatbestandsmerkmal "für einen Beruf ausgebildet werden" nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Denn nicht jede allgemein berufsqualifizierende Maßnahme stellt gleichzeitig auch eine Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG dar. So führt nicht bereits ein Berufspraktikum zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG.[1]

Ein Studium i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG liegt vor, wenn es an einer Hochschule i. S. d. § 1 HRG absolviert wird; diesen gleichgestellt sind private und kirchliche Bildungseinrichtungen sowie Hochschulen des Bundes, die nach Landesrecht als Hochschule anerkannt werden (§ 70 HRG). Zu berücksichtigen sind zudem Fernstudien (§ 13 HRG).[2]

Eine erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG liegen vor, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt. Dies ist dann der Fall, wenn keine andere abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung bzw. kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium vorangegangen ist.[3]

Bei einem Wechsel von Ausbildung oder Studium ohne dessen Abschluss liegt keine Erstausbildung vor. Auch bei einer Unterbrechung ohne einen berufsqualifizierenden Abschluss und späterer Weiterführung stellt der, der Unterbrechung vorangegangene Teil, kein abgeschlossenes Erststudium dar.[4]

 

Rz. 84a

Für die Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann, ist darauf abzustellen, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.[5] Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Hierfür ist auch erforderlich, dass aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar wird, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat.[6] Als Beispiel für eine umfassende (Erst)Ausbildung kommen u. a. in Betracht:

  • der Beginn eines Masterstudiums noch während oder unmittelbar nach dem Bachelorstudium, wenn das Masterstudium zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist und das von den Eltern und dem Kind bestimmte Berufsziel erst darüber erreicht werden kann.[7]
  • ein duales Studium, dessen Studienordnung nach dem Grundstudium eine Berufsausbildung und im Anschluss daran das Hauptstudium vorsieht.[8]

Zwei unterschiedliche Ausbildungsstufen liegen hingegen z. B. vor, wenn das Kind nach einer (kaufmännischen) Ausbildung eine Berufstätigkeit aufnimmt, die Voraussetzung für ein nachfolgendes Studium ist, weil in einem derartigen Fall keine Ausbildungseinheit vorliegt.[9]

 

Rz. 84b

Eine Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn das Kind einer auf Erzielung von Einkünften gerichteten Beschäftigung nachgeht, die den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft erfordert (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG). Dies gilt auch für entsprechende Tätigkeiten im Ausland sowie für vorübergehende Tätigkeiten etwa in den Semesterferien, und zwar für jeden Monat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird.[10]

Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsverhältnis oder ein geringfügiges Beschäfti...

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