1 Allgemeines

1.1 Begriff

 

Rz. 1

Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG i. V. m. § 21 Abs. 1 EStG unterliegen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der ESt. Die Einkünfte ermitteln sich als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Für die zeitliche Erfassung der Einnahmen und Werbungskosten gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Grundlage für die Auslegung der Begriffe Vermietung und Verpachtung und ihre Einordnung in § 21 EStG sind die §§ 535ff., 581ff. BGB.

 

Rz. 2

Miete ist nach § 535 BGB ein Vertrag zur zeitlich befristeten Überlassung des vermieteten Gegenstands gegen Entgelt. Pacht ist nach § 581 BGB die zeitlich begrenzte Überlassung des verpachteten Gegenstands zum Gebrauch und Genuss der Früchte gegen Entgelt. Da § 21 EStG Einkünfte aus beiden Vertragstypen der ESt unterwirft, ist eine Abgrenzung zwischen beiden Vertragstypen für Zwecke der ESt regelmäßig entbehrlich.

 

Rz. 3

Den Tatbestand des § 21 EStG verwirklicht somit derjenige, der in § 21 EStG genannte Wirtschaftsgüter einem anderen entgeltlich zur Nutzung überlässt.[1] Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung erfüllt demgegenüber den Tatbestand des § 21 EStG nicht. Die Überlassung einer Wohnung an den geschiedenen Ehegatten zur Abgeltung eines Zugewinnausgleichsanspruchs ist entgeltlich und führt zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung[2], nicht aber die Überlassung einer Wohnung aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung, wenn die geschiedenen Eheleute insoweit eine Sachleistung vereinbaren.[3] Überlässt der Stpfl. ein Grundstück an den geschiedenen Ehegatten zur Abgeltung des diesem zustehenden Zugewinnausgleichsanspruchs, erzielt er aus der Nutzungsüberlassung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.[4]

 

Rz. 4

Zur verbilligten (teilentgeltlichen) Überlassung vgl. Rz. 212ff.

 

Rz. 5

Die Begriffe Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG gehen aber über den Inhalt, den ihnen das bürgerliche Recht beimisst, hinaus und umfassen auch Sachverhalte, die nicht unter die bürgerlich-rechtlichen Begriffsbestimmungen fallen, wie z. B. die Regelungen des § 21 Abs. 1 Nr. 3, 4 und Abs. 2 EStG deutlich machen. Der einkommensteuerrechtliche Begriff der Vermietung und Verpachtung ist umfassender als der bürgerlich-rechtliche Begriff. Ob eine Vereinbarung unter § 21 EStG zu subsumieren ist, ergibt sich aus ihrem wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung und nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien. Das FG hat als Tatsacheninstanz zu beurteilen, ob eine Vereinbarung zu einer Nutzung berechtigt oder den Eigentümer zur Unterlassung einer bestimmten Nutzung verpflichtet.[5] Wird das Entgelt wirtschaftlich für die Überlassung und die Nutzung des Gegenstands gezahlt, liegen Einnahmen nach § 21 EStG vor. Geht hingegen das bestehende Herrschaftsrecht (Eigentum) durch die Vereinbarung verloren oder wird es eingeschränkt und hierfür das Entgelt gezahlt, liegen ein Veräußerungsvorgang und regelmäßig ein nicht steuerbarer Vorgang (vorbehaltlich § 23 EStG) vor.[6]

 

Rz. 6

Sog. Ausbeutungsverträge, bei denen der Eigentümer eines Grundstücks einem Dritten gestattet, Bodenschätze zeitlich begrenzt abzubauen, berühren in der Substanz das Eigentum nicht, sodass solche Verträge nach st. Rspr. des BFH regelmäßig unter den Begriff der Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG einzuordnen sind, sofern das Grundstück nicht zu einem Betriebsvermögen gehört.[7] Das gilt nach der Rspr. des BFH selbst dann, wenn das Eigentum an dem Grundstück zum Zweck der Ausbeutung zivilrechtlich an den Dritten mit der Verpflichtung übertragen wird, das Eigentum nach der Ausbeutung zurückzuübertragen.[8] Etwas anderes gilt, wenn in Ausnahmefällen ein Veräußerungsvorgang vorliegt, der (außerhalb von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) nicht steuerbar ist, z. B.  bei einem Kaufvertrag über die Abbaumenge, wenn der Eigentümer den Abbau selbst vornimmt[9], wenn einmalig eine genau festgelegte Menge der Bodensubstanz überlassen[10] oder das mitveräußerte Grundstück nicht zurückzuübertragen ist.[11] Die Auslegung und Abgrenzung entsprechender Verträge obliegen dem FG als Tatsacheninstanz.[12]

 

Rz. 7

Zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gehört auch das Entgelt für eine unbefristet eingeräumte Dienstbarkeit[13], für die Bestellung eines Erbbaurechts auf Dauer von 99 Jahren[14], für die Bestellung einer öffentlichen Baulast.[15] Auch die Zahlung von Erbbauzinsen im Voraus für mehrere Jahre ist die Zahlung eines Nutzungsentgelts und fällt unter § 21 EStG; es handelt sich nicht um Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts Erbbaurecht.[16] Dies gilt dann nicht, wenn durch die Gewährung und die tatsächliche Durchführung des Nutzungsrechts der Besteller des Rechts zwar zivilrechtlicher Eigentümer bleibt, er aber wirtschaftlich sein Herrschaftsrecht verliert und eine Rückübertragung tatsächlich unmöglich ist, oder wenn der Inhaber von Salzbaugerechtigkeiten diese unwiederbringlich gegen Entgelt an ein Energi...

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