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Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers sind nicht schon deswegen Arbeitslohn, weil sie tatsächlich oder rechtlich mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen. Um als Arbeitslohn beurteilt werden zu können, müssen sie sich bei objektiver Betrachtung als Frucht der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erweisen.[1] Schadensersatz erfüllt nur dann das Tatbestandsmerkmal "für eine Beschäftigung" i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn er Entlohnungs- oder Lohnersatzcharakter hat. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zählt etwa eine Abfindung, die ein Arbeitgeber bei einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt.[2] Abkommensrechtlich gilt für derartige Abfindungen jedoch grundsätzlich nicht das für Besteuerung von Arbeitslohn geltende Arbeitsortprinzip mit Ausnahme von Art. 13 Abs. 1 S. 2 DBA Frankreich.[3] Schadensersatz des Arbeitgebers ist hingegen nicht steuerbar, wenn er dem Ausgleich eines im Privatvermögen des Arbeitnehmers entstandenen Schadens dient, etwa aus unerlaubter Handlung oder Gefährdungshaftung (überhöhte ESt-Schuld eines Arbeitnehmers infolge einer fehlerhaften LSt-Bescheinigung des Arbeitgebers). Aufgrund dessen ist z. B. nichtsteuerbar ein Schmerzensgeld (§ 253 BGB), das ein Arbeitgeber als Genugtuung für einen schweren rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu zahlen hat (z. B. auch bei Verstoß gegen das AGG; § 15 Abs. 2 S. 1 AGG), oder eine Entschädigung für Verluste an persönlichem und fachlichem Prestige infolge einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Echter Schadensersatz und kein Arbeitslohn liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber Mittel aufwendet, um dem Arbeitnehmer eine gleiche Rechtsposition zu verschaffen, wie sie durch betriebliche Maßnahmen beeinträchtigt ist, wie z. B. Ersatz für bereits erdiente Versorgungsansprüche[4] und Zuführungen zur Bildung der gesetzlich vorgeschriebenen Solvabilitätsspanne.[5] Die vorstehende Entscheidung gilt nach wie vor fort. Zuführungen zur Bildung der gesetzlich vorgeschriebenen Solvabilitätsspanne sind von der gesetzlichen Arbeitslohnfiktion des § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgenommen.

Zwar sind mehrere Entschädigungsleistungen grundsätzlich einheitlich zu betrachten,[6] aber jede muss das Kriterium einer Entschädigung für entgangene oder entgehende Leistungen erfüllen.[7] Verzichtet der Arbeitgeber auf die Geltendmachung von Schadenersatz gegenüber seinem Arbeitnehmer, kann sich aus den ersparten Schadenersatzzahlungen beim Arbeitnehmer stpfl. Arbeitslohn ergeben.[8]

[2] BMF v. 1.11.2013, S 2290/13/10002, BStBl I 2013, 1326 i. V. m. BMF v. 4.3.2016, IV C 4-S 2290/07/10007:031, BStBl 2016, 277: Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der ertragsteuerlichen Behandlung von Entlassungsentschädigungen.
[4] BFH v. 30.5.2001, VI R 159/99, BStBl II 2001, 815; BFH v. 30.5.2001, VI R 178/99, BFH/NV 2001, 1258: beide Male Bundeszuschüsse an die Bahnversicherungsanstalt kein Arbeitslohn.

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