Rz. 6

Die Abgrenzung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von denen aus selbstständiger oder gewerblicher Tätigkeit stellt einen Angelpunkt des Steuerrechts dar: Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit unterliegen der ESt (LSt). Bei einer selbstständigen Tätigkeit kommt zusätzlich eine USt-Pflicht (§ 2 Abs. 1 UStG) und bei einer gewerblichen neben der USt-Pflicht eine GewSt-Pflicht (§ 2 Abs. 1 GewStG) hinzu. Stpfl. mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erhalten für Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 EUR (Vz 2022: 1.200 EUR) und bei Versorgungsbezügen 102 EUR (§ 9a EStG).

 

Rz. 7

Eine Abgrenzung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gegenüber anderen Einkunftsarten enthält § 1 Abs. 3 LStDV: Danach ist kein Arbeitnehmer, wer Lieferungen oder sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbstständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt. Diese Vorschrift wiederholt im Wesentlichen den Wortlaut von § 2 Abs. 1 UStG.

 

Rz. 8

Ob ein Stpfl. selbstständig oder unselbstständig tätig ist, ist nach den gleichen Merkmalen sowohl bei der ESt als auch bei der USt und GewSt zu entscheiden.[1] Maßgeblich hierfür ist eine Gesamtwürdigung aller für und gegen die Selbstständigkeit sprechenden Merkmale, wie sie sich aus der vertraglichen Vereinbarung und ihrer tatsächlichen Durchführung ergeben. Im Einzelnen wird auf Rz. 23ff. verwiesen.

 

Rz. 9

Ein in einem gewerblichen Unternehmen mitarbeitender Stpfl. kann ein nichtselbstständiger Arbeitnehmer, ein stiller Gesellschafter i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, der seine Arbeitskraft als Beitrag einbringt, oder ein Mitunternehmer i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein. Ein Arbeitnehmer, der seinem Arbeitgeber ein Darlehen gewährt, erzielt neben seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch solche aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen haben grundsätzlich Vorrang vor den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn der Arbeitnehmer das Darlehen oder die Beteiligung an der ihm Arbeit gebenden Gesellschaft mit Einkunftserzielungsabsicht angeschafft hat, selbst wenn die Beteiligung eine arbeitsvertragliche Voraussetzung für die Erlangung einer höher dotierten Position ist.[2] Ausnahmsweise kann ein Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gegeben sein, wenn er die Beteiligung zur Erlangung oder Sicherung seines Arbeitsplatzes erworben hat.[3] Ebenso kann ein Arbeitnehmer einen Verlust seiner Darlehensforderung bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten geltend machen, wenn ein fremder Dritter dem Arbeitgeber angesichts dessen wirtschaftlicher Lage kein Darlehen gegeben hätte.[4] Räumt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Beteiligung an der Arbeit gebenden GmbH ein, so darf die Beteiligung als Arbeitslohn nicht mit ihrem gemeinen Wert nach § 11 Abs. 2 BewG bewertet werden, wenn der Arbeitnehmer die erhaltene Beteiligung nicht veräußern darf und sie bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum Nennbetrag zurückgeben muss, zu dem er sie eingeräumt erhalten hat[5]; zur Abgrenzung eines Leistungsaustausches zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgrund eines Dienstverhältnisses oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung mit der Folge einer anderen Einkunftsart hat der BFH entschieden[6], dass dies nach dem wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Lebenssachverhalts und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu würdigen ist.

 

Rz. 10

Ein Arbeitnehmer-Kommanditist kann arbeitsrechtlich Arbeitnehmer und zugleich gesellschaftsrechtlich Gesellschafter einer KG sein. Steuerrechtlich sind seine Tätigkeitsvergütungen in jedem Fall nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte. Denn ein Gesellschafter soll unabhängig davon gleich behandelt werden, ob er seine Leistungen von der Gesellschaft durch ein schuldrechtliches Entgelt oder durch einen vorab gezahlten Gewinn entgolten erhält.[7] Wird ein Arbeitnehmer und Darlehensgeber einer Personengesellschaft in diese als Gesellschafter und Mitunternehmer aufgenommen, so wandelt sich ein zu diesem Zeitpunkt bestehender Anspruch auf Gehalt und Rückzahlung des Darlehens in Sonderbetriebsvermögen I des Gesellschafters um.[8]

Kein Arbeitslohn, sondern Sondervergütungen i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind Zahlungen an eine Kommanditistin, wenn diese als Arbeitnehmerin einer zwischengeschalteten GmbH abgrenzbare Arbeiten für die KG erledigt.[9] Das Gleiche gilt für eine Entlassungsentschädigung für einen Kommanditisten, der gleichzeitig Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist.[10]

 

Rz. 11

§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist ebenfalls anwendbar auf die Tätigkeitsvergütungen eines atypisch stillen Gesellschafters als Mitunternehmer, der mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts zugleich auch ein Arbeitsverhältnis unterhält. Hingegen bezieht ein als stiller Gesellschafter...

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