Rz. 113

Gezahlte KiSt sind gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Sonderausgaben abziehbar.

 

Rz. 114

Ab Vz 2009 gilt dies vorbehaltlich § 32d Abs. 2 und 6 EStG nicht für die nach § 51a Abs. 2b bis 2d EStG erhobene KiSt. Die Ergänzung ist durch das G. v. 14.8.2007[1] eingeführt worden. Nach § 32d EStG wird die Steuer auf Kapitalerträge ab Vz 2009 grundsätzlich durch abgeltenden Steuerabzug erhoben, nach § 51a EStG auch die KiSt als Zuschlag zur KapESt. Kapitalerträge, die nicht dem KapESt-Abzug unterliegen, z. B. ausl. Erträge, sind im Rahmen der ESt-Erklärung anzugeben. Bei bestehender KiSt-Pflicht erfolgt bei der Steuerfestsetzung eine pauschale Minderung der auf die Kapitalerträge entfallenden KiSt um 25 % (§ 32d Abs. 1 S. 3 bis 5 EStG). Für die auf diese Kapitalerträge erhobene KiSt konnte bisher zusätzlich der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG geltend gemacht werden. Durch die Neufassung der Vorschrift durch das JStG 2010 v. 8.12.2010[2] wurde der Sonderausgabenabzug für KiSt auf Kapitalerträge, die nicht dem KapESt-Abzug unterlegen haben, ausgeschlossen, um eine Doppelvergünstigung zu vermeiden (§ 51a Abs. 2b bis 2d EStG). Werden die Kapitalerträge (ausnahmsweise) in die ESt-Veranlagung einbezogen, ist eine Anrechnung vorzunehmen.

Das gilt auch für den umgekehrten Fall. Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären ESt-Tarif besteuert, löst eine spätere Anwendung des gesonderten Tarifs gem. § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen ESt festgesetzten KiSt aus. Die hiermit verbundene Minderung des Sonderausgabenabzugs für gezahlte KiSt ist in dem Vz zu berücksichtigen, in dem die insoweit geänderte ESt- und KiSt-Festsetzung wirksam wird.[3]

 

Rz. 115

Durch das BeitrRLUmsG v. 7.12.2011[4] ist § 51a Abs. 2c EStG insoweit geändert worden, dass die KiSt nur noch im Wege des Steuerabzugs durch den zum Abzug der KapESt Verpflichteten einzubehalten ist. Die Möglichkeit, die KiSt insoweit im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen, ist gestrichen worden.

 

Rz. 116

Die Abziehbarkeit widerspricht dem System des EStG, da es sich bei den KiSt um Verwendung von Einkommen für persönliche Zwecke handelt.[5] Für die Streichung der KiSt 1939 wurde diese Systemwidrigkeit als Grund angegeben.[6] Hinzu kommt, dass die Kirchenmitgliedschaft freiwillig besteht und durch Austritt jederzeit beendet werden kann. Die Rechtfertigung für die Abziehbarkeit der KiSt als Sonderausgabe wird daher darin gesehen, dass für den Großteil der Bevölkerung die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft und die daraus folgende Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Zahlung von KiSt auf weltanschaulichem, sittlichem oder moralischem Zwang beruhen.[7]

 

Rz. 117

Weitergehend leitet Schön[8] aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 4 Abs. 1 GG das Gebot der Abziehbarkeit der KiSt als Sonderausgaben ab, dass angesichts der verfassungsrechtlichen Wertungen in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV die von Verfassung wegen gebotene Abziehbarkeit von KiSt nicht mit dem Hinweis auf die Freiwilligkeit der Kirchenzugehörigkeit bestritten werden könne.

[1] BGBl I 2007, 1912.
[2] BGBl I 2010, 1768.
[4] BStBl I 2011, 1171.
[5] Strutz, EStG 1925, § 17 EStG Anm. 29.
[6] Kulosa, in H/H/R, EStG/KStG, § 10 EStG Rz. 133, 137: Kirchenfeindlichkeit des damaligen Regimes.
[7] Kulosa, in H/H/R, EStG/KStG, § 10 EStG Rz. 133, 137; Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, § 10 EStG Rz. G 4; Söhn, StuW 1958, 405.
[8] Schön, DStZ 1997, 385.

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