2.1 Beiträge zu Versicherungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 3, 3a EStG)

2.1.1 Allgemeines

 

Rz. 53

Bis Vz 2004 sind als Sonderausgaben abziehbar Beiträge zu Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen, zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und an die Bundesagentur für Arbeit sowie zu bestimmten Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall (sog. Vorsorgeaufwendungen, Abs. 2 S. 3, Abs. 3).

Diese Regelungen sind durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) v. 5.7.2004[1] völlig geändert und mit einer langen Übergangszeit bis 2040 auf das System der "nachgelagerten Besteuerung" umgestellt worden.

Anlass dieser Änderungen ist eine Entscheidung des BVerfG[2], das die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Beamtenpensionen und der Alterseinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung als mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar angesehen hat.

Die unterschiedliche steuerliche Belastung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und von Versorgungsbezügen der Ruhestandsbeamten ist nach Art und Ausmaß beträchtlich. Dies erweist sich in der Zusammenschau der folgenden drei Aspekte:

  • der unterschiedlichen einkommensteuerlichen Belastung beider Vergleichsgruppen in der Nacherwerbsphase,
  • der Realitätsferne des bei der Ertragsanteilsbesteuerung gesetzlich unterstellten Anteils eines Kapitalrückflusses,
  • der unterschiedlichen steuerlichen Belastung in der Erwerbsphase (vgl. im Ergebnis Erläuterungen zu § 22 EStG).

Der Gesetzgeber war aufgefordert worden, spätestens bis zum 1.1.2005 eine Neuregelung zu treffen, da die verfassungswidrige Altregelung längstens bis zum 31.12.2004 weiterhin anwendbar war.

2.1.1.1 Alterseinkünftegesetz

 

Rz. 54

Der Gesetzgeber ist der Aufforderung des BVerfG nachgekommen und hat mit Wirkung ab Vz 2005 die Besteuerung der Alterseinkünfte mit dem Alterseinkünftegesetz neu geregelt. Hierzu hatte das BMF zuvor eine Kommission unter Vorsitz von Prof. Bert Rürup eingesetzt, die innerhalb des vom BVerfG vorgegebenen Rahmens Lösungsvorschläge einer umfassenden Reform entwickeln sollte.

Der Gesetzgeber ist den Vorschlägen der Kommission (Schriftenreihe des BMF Nr. 74) in weiten Teilen gefolgt. Bei der zukünftigen Altersvorsorge ist zu unterscheiden in

  • Basisversorgung, gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Zusatzversorgung, landwirtschaftliche Alterskasse, private, kapitalgedeckte Rentenversicherungen ,
  • Zusatzversorgung, "Riester-Rente", betriebliche Altersversorgung,
  • Kapitalanlageprodukte, z. B. Kapitallebensversicherungen, Sparpläne usw.

Kernstück des Gesetzes ist die Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung, allerdings zeitlich gestreckt bis zum Jahr 2040. Nachgelagerte Besteuerung heißt, dass die Beiträge zur Altersvorsorge während der Erwerbsphase steuerbefreit werden bzw. die Aufwendungen vollen Umfangs – allerdings gedeckelt durch einen Höchstbetrag – steuerlich geltend gemacht werden können, während die Alterseinkünfte in der Auszahlungsphase vollen Umfangs besteuert werden (§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Da diese Umstellung zunächst zu erheblichen Steuermindereinnahmen führen würde, die von den öffentlichen Haushalten nicht finanzierbar wären, erfolgt der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung in Stufen. Im Jahr 2005 können lediglich 60 % der geleisteten Altersvorsorgebeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag) steuerlich geltend gemacht werden, bezogen auf einen einheitlichen Höchstbetrag für alle Stpfl. i. H. v. 20.000 EUR. Dieser Anteil stiegjedes Jahr um 2 %, sodass der volle Abzug im Jahr 2025 erreicht werden sollte. Durch das JStG 2022v. 16.12.2022 wurde die 100 %-ige Abzugsfähigkeit vorgezogen, sodass diese bereits ab 2023 gilt.[1]

Entsprechend wächst der Umfang der Besteuerung an. Jeder Rentnerjahrgang (sog. Kohorte) wird in gleicher Höhe vom Beginn bis zum Ende der Laufzeit der Rente besteuert; beginnend 2005 mit 50 %, ansteigend um jeweils 2 % pro Jahrgang bis zum Jahr 2020, danach um einen Prozentpunkt, sodass erstmalig für den Rentnerjahrgang 2040 die Rente in voller Höhe stpfl. ist.

Sonstige Vorsorgeaufwendungen, die nicht zu den Altersvorsorgeaufwendungen gehören (Beiträge zu Arbeitslosen-, Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, Kranken-, Pflege-, Unfall-, Haftpflichtversicherungen sowie Risikoversicherungen), sind zusätzlich bis zu einem Höchstbetrag von 2.800 EUR bzw. 1.900 EUR abzugsfähig (Rz. 268).

Zugleich wird der Sonderausgabenabzug für Kapitallebensversicherungen abgeschafft und 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen Versicherungsleistungen und der Summe der Versicherungsbeiträge bei Auszahlung im Erlebensfall oder bei Rückkauf der Besteuerung unterworfen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG), sofern die Verträge nach dem 31.12.2004 abgeschlossen werden.

Für Altverträge, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen und für die bis zum 31.12.2004 ein Versicherungsbeitrag geleistet worden ist, gilt altes Recht weiter.

[1] BGBl I 2022, 2294.

2.1.1.2 Überblick über die Änderungen des § 10 EStG durch das Alterseinkünftegesetz

 

Rz. 55

Das Alterseinkünftegesetz v. 5.7.2004[1] und Folgeänderungen haben im Bereich des § 10 EStG zu folgenden – z. T. bereits ...

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