1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

Die Vorschrift steht im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe sowie dem Bedürfnis an flexibleren Beschäftigungszeiten als Folge eines verstärkten internationalen Wettbewerbs.

Durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV sind der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung verfassungsrechtlich geschützt. Dabei handelt es sich nicht nur um einen Programmsatz, vielmehr wird hierdurch eine institutionelle Garantie der Sonn- und Feiertagsruhe geschaffen.[1] Danach bedeutet die verfassungsrechtliche Garantie der Sonn- und Feiertage als "Tage der Arbeitsruhe", dass an diesen Tagen "grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen" soll, "damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen kann"; es soll sich "grundsätzlich um einen für alle verbindlichen Tag der Arbeitsruhe" handeln.[2] Die generelle Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen soll dem Einzelnen die Möglichkeit der physischen und psychischen Regeneration eröffnen. Der in das Grundgesetz inkorporierte Art. 139 WRV enthält einen Gesetzgebungsauftrag an den Gesetzgeber zur Schaffung konkretisierender Rechtsvorschriften.[3] Hiervon wurde vom Gesetzgeber durch die Schaffung der §§ 9-13 ArbZG in zumutbarer Weise Gebrauch gemacht.[4]

 

Rz. 2

Die Vorschrift knüpft an § 105b GewO an. Mit § 9 ArbZG sollten die Vorschriften über das Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in Einklang mit dem im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Sonn- und Feiertagsruhe in das Recht des Arbeitszeitschutzes einbezogen und unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung des geltenden Sonn- und Feiertagsschutzes modernisiert werden. Dabei war Ziel des Gesetzgebers, einen Ruhetag in der Woche zu schaffen und den Tarifvertragsparteien erweiterte Befugnisse bei der Regelung der Dauer der Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen und der Ersatzruhezeiten zu gewähren.[5]

 

Rz. 3

Die Vorschriften des EU-Rechts verlangen kein Verbot der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung. So sehen die EG-Richtlinien 93/104 und 2003/88 keine Sonn- oder Feiertagsruhe vor, sie enthalten vielmehr in Art. 5 eine Regelung zu einer kontinuierlichen wöchentlichen Mindestruhezeit von grundsätzlich 35 Stunden, die den Sonntag mit einschließt. Das Beschäftigungsverbot des § 9 geht daher über die Mindestvorgaben des Gemeinschaftsrechts hinaus.

[4] Vgl. Baeck/Deutsch vor §§ 9 bis 13 Rz. 8 ff.
[5] Vgl. Regierungsbegründung, BR-Drucks. 507/93 S. 60.

2 Systematik und Anwendungsbereich

 

Rz. 4

§ 9 Abs. 1 enthält das Beschäftigungsverbot von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen. In den folgenden Absätzen finden sich Sonderregelungen für Schichtbetriebe (Abs. 2) und Kraftfahrpersonal (Abs. 3). In den §§ 10-13 ArbZG sind zahlreiche Ausnahmen geregelt, in denen Sonn- und Feiertagsarbeit unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich zulässig ist oder durch Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt erlaubt werden kann.

 

Rz. 5

Daneben bestehen Sonn- und Feiertagsgesetze der Länder, die die öffentliche Ruhe an diesen Tagen sichern. Für Baden-Württemberg gilt das Gesetz über die Sonntage und Feiertage (Feiertagsgesetz – FTG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Mai 1995.[1]

 

Rz. 6

Für jugendliche Arbeitnehmer im Alter zwischen 15 und 18 Jahren gilt nach § 18 Abs. 2 ArbZG anstelle des ArbZG das Jugendarbeitsschutzgesetz (vgl. § 2 Abs. 2 JArbSchG). Hiernach besteht nach §§ 17, 18 JArbSchG ein Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen. Hiervon sind nur in den in § 17 Abs. 2 JArbSchG genannten Fällen Ausnahmen zulässig, wobei jedoch an jedem zweiten Sonntag eine Beschäftigung unterbleiben soll. Allerdings müssen nach § 17 Abs. 2 Satz 2 JArbSchG mindestens 2 Sonntage im Monat in jedem Fall beschäftigungsfrei bleiben. § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 3 JArbSchG bestimmen, dass für die Beschäftigung an einem Sonn- oder Feiertag ein Ersatzruhetag an einem anderen berufsschulfreien Arbeitstag derselben Woche gewährt werden muss.

 

Rz. 7

Ergänzend zu den allgemeinen Arbeitsschutzregeln für alle Arbeitnehmer im ArbZG enthält § 6 MuSchG für schwangere und stillende Frauen eine Sonderregelung. Danach dürfen werdende und stillende Mütter grundsätzlich nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Die durch das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts vom 23. Mai 2017 geschaffene und zum 1.1.2018 in Kraft getretene Vorschrift ersetzt die frühere Regelung des § 8 MuSchG a. F. und schafft nun im Unterschied zur Vorgängerregelung berufsgruppenunabhängige Ausnahmen von dem besonderen Beschäftigungsverbot. Dabei unterscheidet § 6 MuSchG zwischen Arbeitnehmerinnen und Schülerinnen/Studentinnen. Für beide Personengruppen ist Sonn- und Feiertagsarbeit zulässig, wenn

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