Rz. 12

Eine weitere Erscheinungsform der Arbeit ist der Bereitschaftsdienst.

Dabei muss sich der Arbeitnehmer für einen Einsatz jederzeit bereithalten bzw., soweit erforderlich, seine Arbeit unverzüglich wiederaufnehmen können. Zudem besteht eine Ortsvorgabe/-begrenzung außerhalb des privat frei wählbaren Ortsumfelds.[1]

Seit 1.1.2004 zählt der Bereitschaftsdienst ebenfalls zur Arbeitszeit i. S. d. ArbZG, was § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG klarstellt. Bis Ende 2003 wurde der Bereitschaftsdienst noch als Teil der Ruhezeit angesehen. Dieser Änderung des ArbZG war zunächst die Simap-Entscheidung des EuGH vorangegangen, in der dieser entschied, dass der ärztliche Bereitschaftsdienst Arbeitszeit i. S. d. EU-Richtlinie 2003/88/EG darstellt.[2] Bestätigt wurde dies mit der Jaeger- und folgenden Entscheidungen. Arbeitszeit stellt der Bereitschaftsdienst danach grundsätzlich unabhängig von der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung insofern dar, wenn sich der Arbeitnehmer in seiner eigenen zeitlich freien Verfügung eingeschränkt und fern seines familiären und sozialen Umfelds an seinem Arbeitsplatz zur sofortigen Verfügbarkeit für eine mögliche Inanspruchnahme bereithalten muss.[3] Die Unvereinbarkeit des ArbZG in seiner Fassung bis zum 31.12.2003 mit der Richtlinie zwang den Gesetzgeber zur Reform des ArbZG, dem er mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt nachkam.[4]

 

Rz. 13

Die Arbeitsbereitschaft unterscheidet sich vom Bereitschaftsdienst dadurch, dass sich der Arbeitnehmer bei ihr zur Arbeit bereithalten muss, um erforderlichenfalls von sich aus tätig zu werden, während beim Bereitschaftsdienst der Arbeitnehmer "auf Anforderung" den Dienst aufnehmen muss.[5]

 

Rz. 14

 
Praxis-Beispiel

Ärzte und Rettungssanitäter

Ärzte und Rettungssanitäter halten sich während des Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus oder in einer Rettungsstation auf und müssen erst bei medizinischen Notfällen ihre Arbeitskraft einsetzen. In der übrigen Zeit sind sie weitgehend frei, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Auch dieser Bereitschaftsdienst ist mittlerweile als Arbeitszeit anerkannt.

 

Rz. 15

 
Praxis-Beispiel

IT-Support

Muss sich eine IT-Kraft im Betrieb des Arbeitgebers oder vor Ort beim Kunden aufhalten, um bei Bedarf IT-Probleme zu lösen, darf sich aber außerhalb von Anfragen mit eigenen Dingen beschäftigen, liegt für die gesamte Zeit Bereitschaftsdienst, also Arbeitszeit, vor.

 

Rz. 16

 
Praxis-Beispiel

Hausmeister

Ein Hausmeister muss sich außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit im Wechsel mit Kollegen für einige Stunden abends im Betrieb bereithalten, um ggf. Dienstleistungen zu erbringen. Auch wenn er in dieser Zeit mangels Einsatzanforderung private Angelegenheiten erledigen kann, gilt die Zeit als Arbeitszeit.

 

Rz. 17

Vergütungsrechtlich kann bei Leistung des Bereitschaftsdienstes eine geringere Vergütung vereinbart werden wegen der geringeren Belastung des Arbeitnehmers. Dabei ist jedoch der gesetzliche Mindestlohn einzuhalten.[6]

[1] BVerwG, Urteil v. 29.4.2021, 2 C 18.20; BAG, Urteil v. 25.3.2021, 6 AZR 264/20; EuGH, Urteil v. 15.7.2021, C-742/19 (Republika Slovenija (Ministrstvo za obrambo) vorgehend: Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof, Slowenien)); EuGH, Urteil v. 9.3.2021, C-580/19 (R J/Stadt Offenbach am Main).
[4] BGBl. 2003 I S. 3002, 3005 f.
[5] Küttner/Poeche, Personalbuch 2015, 22. Aufl. 2015, Arbeitsbereitschaft, Rz. 1 unter Verweis auf BAG, Urteil v. 12.12.2012, 5 AZR 918/11.

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