1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

Die Vorschrift erlaubt für bestimmte Tätigkeitsbereiche und Betriebe Abweichungen durch Tarifvertrag oder durch Betriebs- und Dienstvereinbarungen aufgrund eines Tarifvertrags von den Ausgleichsvorschriften des § 11 ArbZG für Sonn- und Feiertagsarbeit. Hierdurch soll den besonderen Belangen dieser Branchen Rechnung getragen werden.[1]

Durch § 12 Satz 2 wird über die Verweisung auf § 7 Abs. 3 bis 6 ArbZG die Möglichkeit geschaffen, dass auch in nicht tarifgebundenen Betrieben, den Kirchen und öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften sowie in Bereichen, in denen üblicherweise keine Tarifverträge abgeschlossen werden, die in einem Tarifvertrag zugelassenen Abweichungen nach § 12 Satz 1 übernommen werden können.

Die Vorschrift des § 12 ArbZG betrifft nur die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit von Abweichungen und hat daher keinen Einfluss auf die bestehenden Beteiligungsrechte des Betriebs- oder Personalrats. Die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und § 80 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG bestehenden Mitbestimmungsrechte über die Lage der Arbeitszeit sind auch im Rahmen des § 12 ArbZG zu beachten.

 

Rz. 2

Für Jugendliche ist aber § 21a JArbSchG zu beachten, der strengere Anforderungen aufstellt und nach § 18 Abs. 2 ArbZG die Regelung des § 12 verdrängt. Für schwangere oder stillende Frauen ist die Regelung des § 6 Abs. 1 MuSchG zu beachten.[2]

[1] Vgl. BT-Drucks. 12/5888 S. 30.
[2] Vgl. hierzu Tilmanns/Mutschler-Just, MuSchG, 3. Aufl. 2021, § 6 MuSchG.

2 Abweichende Regelungen (§ 12 Satz 1)

 

Rz. 3

Abweichungen von den Regelungen des § 11 ArbZG können nach § 12 Satz 1 nur durch Tarifvertrag oder durch Betriebs- und Dienstvereinbarungen aufgrund eines Tarifvertrags erfolgen. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Abweichungen nicht einseitig, sondern als Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Tarif- oder Betriebspartnern erfolgen, deren entgegengesetzte Interessen sicherstellen, dass die Abweichungen nicht ohne sachlichen Grund und maßvoll erfolgen. Aus diesem Grund muss dabei auch kein erhöhter branchen- oder bereichsspezifischer Erforderlichkeitsmaßstab angelegt werden.[1]

 

Rz. 4

Regelungen durch Betriebsvereinbarungen setzen bereits begrifflich die Anwendbarkeit des BetrVG und das Bestehen eines Betriebsrats voraus. Die Betriebsvereinbarungen müssen den Anforderungen des § 77 BetrVG entsprechen, bedürfen daher der Schriftform und müssen auf einem wirksamen Beschluss des Betriebsrats beruhen.

[1] so auch Baeck/Deutsch/Deutsch/Winzer ArbZG § 12 Rz. 11.

2.1 Verringerung der Anzahl der beschäftigungsfreien Sonntage (§ 12 Satz 1 Nr. 1)

 

Rz. 5

§ 12 Satz 1 Nr. 1 ermöglicht es, für bestimmte Branchen eine Reduzierung der nach § 11 Abs. 1 ArbZG beschäftigungsfreien 15 Sonntage im Jahr vorzunehmen. Eine weitergehende Verringerung der beschäftigungsfreien Sonntage kann aber nur in außergewöhnlichen Fällen unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 ArbZG erfolgen.

 

Rz. 6

Nach § 12 Satz 1 Nr. 1 müssen Arbeitnehmern, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden, für Zwecke der Verteidigung, in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt, in Verkehrsbetrieben sowie beim Transport und Kommissionieren von leichtverderblichen Waren im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung beschäftigt werden, nicht 15, sondern nur mindestens 10 freie Sonntage im Jahr gewährt werden.

 

Rz. 7

Werden Arbeitnehmer im Rundfunk, in Theaterbetrieben, Orchestern sowie bei Schaustellungen eingesetzt, so kann die Zahl der arbeitsfreien Sonntage auf mindestens 8 im Jahr reduziert werden. Fraglich ist, ob diese Regelung auch auf andere Informationsmedien, die ebenfalls einen verfassungsrechtlich geschützten Informationsauftrag haben (wie etwa die Presse oder Online-Medien) entsprechend angewendet werden kann, da eine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung nicht erkennbar ist.[1]

 

Rz. 8

Für Arbeitnehmer in Filmtheatern und in der Tierhaltung kann die Zahl der beschäftigungsfreien Sonntage sogar bis auf mindestens 6 Sonntage im Jahr verringert werden.

[1] hierfür etwa Baeck/Deutsch/Deutsch/Winzer ArbZG § 12 Rz. 9.

2.2 Abweichungen bei Ersatzruhetagen und Ausgleichszeitraum (§ 12 Satz 1 Nr. 2)

 

Rz. 9

Nach § 12 Satz 1 Nr. 2 können die Tarif-/Betriebspartner vereinbaren, dass Ersatzruhetage für alle oder auch nur für einen Teil der auf einen Werktag fallenden Feiertage wegfallen. Nr. 2 der Regelung gestattet ihnen, den Ausgleichszeitraum für die Gewährung eines Ersatzruhetages für Sonn- und Feiertagsarbeit abweichend von § 11 Abs. 3 ArbZG festzulegen.

Die Abweichungsmöglichkeiten in Nr. 2 sollen dem Umstand Rechnung tragen, dass die in § 11 Abs. 3 ArbZG bestimmten Ausgleichszeiträume und die Gewährung von Ersatzruhetagen in einigen Bereichen nicht für alle Arbeitnehmer eingehalten werden können.[1] Der Gesetzgeber beschränkte diese Regelungsmöglichkeit aber nicht auf bestimmte Branchen, sondern lässt tarifliche bzw. betriebliche Regelungen in allen Geschäftsbereichen zu. Typischerweise werden diese Abweichungsmöglichkeiten in Saison- und Kampagnebetr...

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