Rz. 107

Für Bäckereien und Konditoreien gilt seit dem 1.11.1996 das Arbeitszeitgesetz uneingeschränkt, zugleich wurden in die für diese Betriebe geltenden Sonderregelungen und damit auch die Bestimmungen über das Nachtbackverbot aufgehoben. Durch die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 3 soll die Versorgung der Bevölkerung mit frischen Backwaren auch an Sonn- und Feiertagen sichergestellt werden. Daher dürfen Arbeitnehmer an diesen Tagen in Bäckereien und Konditoreien für bis zu 3 Stunden mit der Herstellung und dem Austragen oder Ausfahren von Konditorwaren und an diesem Tag zum Verkauf kommenden Backwaren beschäftigt werden.

 

Rz. 108

Zu den Bäckereien und Konditoreien zählen alle Betriebe, in denen Bäcker- oder Konditorwaren hergestellt werden. Auf den Umfang der Herstellung von Back- und Konditoreiwaren kommt es dabei nicht an, sodass nicht nur Handwerksbetriebe, sondern auch Brotfabriken unter diese Bestimmung fallen. Bäcker- und Konditorwaren sind solche Waren, die üblicherweise in Bäckereien und Konditoreien hergestellt werden.

 

Rz. 109

Zu den Konditorwaren zählen Kuchen, Torten, Creme-, Obst- und Eisspeisen. Eisdielen werden hiervon aber nicht erfasst, da das Speiseeis in Bäckereien und Konditoreien hergestellt werden muss.[1]

 

Rz. 110

Der Begriff der Backwaren wird weit gefasst. Hierunter fallen nicht nur Fertigprodukte wie Brötchen, Brot und Croissants, sondern auch Zwischenprodukte, die vor ihrem Verzehr einem weiteren Backvorgang unterzogen werden müssen, also auch Baguettes und Brötchen zum Fertigbacken. Werden Teigrohlinge wie im Falle der Herstellung frischer Croissants in einem Verkaufsstand im Gärofen behandelt und anschließend braun gebrannt, ist dies als Teil des Backvorganges ein Herstellen von Backwaren.[2] Dies gilt auch dann, wenn die Produkte erst beim Endverbraucher fertig gebacken werden.

Dagegen sind Rohlinge zur Herstellung von Semmelwürfel für die industrielle Produktion von Knödel keine Back- und Konditorwaren (vgl. VGH München Urteil v. 18.8.1980, 22 B – 1410/79[3]). Fraglich ist, ob auch Dauerbackwaren wie Kekse, Biskuit, Zwieback, Honigkuchen, Waffeln, Lebkuchen, Salzstangen, Kräcker, Backoblaten oder Dauerbrezeln erfasst werden. Teilweise wird vertreten, dass keine haltbaren Konditorwaren hergestellt werden dürfen[4], andere bejahen die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 3 auf Betriebe, in denen ausschließlich Dauerbackwaren hergestellt werden.[5] Dauerbackwaren unterfallen zwar auch dem Begriff der Bäcker- oder Konditorwaren, aus dem Zweck des § 10 Abs. 3, die Verbraucher auch an Sonn- und Feiertagen mit frischen Backwaren zu versorgen, folgt aber, dass Betriebe, die Dauerbackwaren herstellen, nur dann von dieser Ausnahmevorschrift erfasst werden, wenn sie auch frische Waren herstellen.[6]

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmen stellt ausschließlich Stangenweißbrot und Stangenbrötchen her, die unter der Bezeichnung "Baguettes" und "Baguette-Brötchen" in den Verkehr gebracht werden. Es werden täglich etwa 200.000 Baguette-Brötchen und 120.000 Baguettes als Halbfertigprodukte hergestellt. Die Herstellung der Teiglinge, der Gärprozess und ein Teil des Backvorganges laufen nacheinander vollautomatisch ab. Nach etwa 3/4 der insgesamt erforderlichen Backzeit wird der Vorgang abgebrochen, die Produkte werden mit Kohlendioxyd begast, in Folie verpackt und an Lebensmittelhändler und Einzelhandelsketten ausgeliefert. In diesem Zustand sind die Produkte etwa 6 Wochen haltbar. Sie können je nach Bedarf vom Endverbraucher in ca. 15 Minuten fertig gebacken werden.

Bewertung

Da die Waren vorgebacken sind, handelt es sich auch hierbei um Backwaren nach § 10 Abs. 3 (OVG Münster, Urteil v. 9.6.1993, 4 A 2279/92[7]). Ob eine Ausnahme vom Verbot der Sonntagsarbeit gegeben ist, erscheint aber zweifelhaft, da die Backwaren nicht noch am gleichen Tag zum Verkauf kommen sollen.

 

Rz. 111

Die Regelung ist auch auf Mischbetriebe anwendbar, sofern sie Bäcker- oder Konditorwaren herstellen, auch wenn noch weitere Produkte hergestellt oder verkauft werden. Nicht davon erfasst werden hingegen Back- und Konditorwarenhändler, die einen vom Hersteller getrennten selbständigen Betrieb führen, Frühstücksdienste sowie das Ausfahren von Backwaren durch eine beauftragte Spedition.[8]

 

Rz. 112

Erlaubt wird die Herstellung, das Austragen und das Ausfahren von Bäcker- oder Konditorwaren, bei Bäckerwaren aber nur auf solche, die noch an den Sonn- und Feiertagen selbst zum Verkauf kommen. Da für die Differenzierung zwischen Bäcker- und Konditorwaren keine sachlich gerechtfertigten Gründe bestehen, wird im Hinblick auf den Gesetzeszweck (Versorgung der Bevölkerung mit frischen Waren) die Einschränkung auch auf Konditorwaren erstreckt.[9]

 

Rz. 113

Das Gesetz beschränkt die Beschäftigung der Arbeitnehmer auf jeweils 3 Stunden, allerdings wird kein bestimmter Zeitraum hierfür vorgegeben.

 

Rz. 114

Für Arbeitnehmer, die an Sonn- und Feiertagen in Bäckereien und Konditoreien im Verkauf beschäftigt werden, gelten die Sonderregelungen des § 17 LadSchlG sowie de...

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