Rz. 56

Die Ausnahme nach Nr. 10 entspricht hinsichtlich der Verkehrsbetriebe dem früheren § 105e GewO. In Abs. 1 Nr. 10 lässt das Gesetz eine Ausnahme für Verkehrsbetriebe sowie für den Transport und das Kommissionieren von leicht verderblichen Waren zu. Hierdurch soll der überragenden Bedeutung des Verkehrs in einer mobilen Gesellschaft sowie dem Bedürfnis der Verbraucher nach Frischwaren schon am Montagmorgen Rechnung getragen werden.[1]

 

Rz. 57

Unter den Begriff des Verkehrsbetriebes fallen alle öffentlichen und privaten Betriebe, deren Zweck auf die Beförderung von Personen, Gütern oder Nachrichten für andere gerichtet ist sowie die dazugehörigen selbständigen oder unselbständigen Hilfs- und Nebenbetriebe.[2] Hierzu zählen Eisenbahnen, Straßenbahnen, Taxibetriebe, der Mietwagenverkehr, Busunternehmen, Fahrradverleih, Gepäckträger, Speditionsunternehmen, Schifffahrt und Luftfahrt (soweit nicht die spezialgesetzlichen Vorschriften eingreifen). Dabei muss der Betrieb nicht gewerbsmäßig erfolgen, die Beförderung muss auch nicht alleiniger oder Hauptzweck sein. Erfasst werden auch alle Hilfs- und Nebenbetriebe, die dem reibungslosen Ablauf des Verkehrs an Sonn- und Feiertagen dienen und auf eine gewisse Dauer angelegt sind, wie etwa Reparatur- und Abschleppbetriebe, Reparaturwerkstätten, Tankstellen, Garagen, Schlafwagen- und Speisewagenbetriebe, Raststätten an Bundesautobahnen und Fernstraßen sowie Reinigungsbetriebe in Zügen oder auf Flughäfen.

 

Rz. 58

 
Praxis-Beispiel

Arbeitgeber und Betriebsrat eines Luftverkehrsunternehmens schließen eine Betriebsvereinbarung über die Sonntagsarbeit von Wartungstechnikern von Flugsimulatoren.

Nach Auffassung des BAG (Beschluss v. 4.5.1993, 1 ABR 57/92[3]) können die Wartungstechniker nur zur Sonntagsarbeit verpflichtet werden, wenn sie Arbeiten verrichten sollen, die nach der Natur eines Luftverkehrsunternehmens einen Aufschub nicht gestatten. Dies ist der Fall, wenn für die Arbeit am Sonntag eine besondere Dringlichkeit besteht, wobei der Arbeitgeber die Tatsachen darlegen muss, aus denen sich die Unaufschiebbarkeit der Sonntagsarbeit ergibt.

 

Rz. 59

Erlaubt ist auch der Transport und das Kommissionieren von leicht verderblichen Waren an Sonn- und Feiertagen. Als leicht verderblichen Waren sind anzusehen: frische Milch und frische Milcherzeugnisse, frisches Fleisch und frische Fleischerzeugnisse, lebende Fische, frischer Fisch und frische Fischerzeugnisse sowie leicht verderbliches Obst und Gemüse wie etwa Beerenfrüchte, Weintrauben, Spargel, Salat, Blumenkohl, Tomaten und frische Pilze. Dagegen zählen (ungewaschene) Kartoffeln und Zwiebeln beispielsweise nicht dazu.[4]

Unter den Begriff Transport und Kommissionieren fallen das Ausladen, Sortieren, Abfüllen, Abpacken, Etikettieren, Kennzeichnen, Zusammenstellen nach Kundenbestellungen, Herstellen der Versandfertigkeit und Verladen der Ware, die Beförderung und Auslieferung der kommissionierten Ware an die Kunden. Die Ausnahmeregelung dient nicht nur der Verhinderung des Verderbens oder des Qualitätsverlusts von Frischwaren, sondern bezweckt zugleich die Befriedigung eines Bedürfnisses des Verbrauchers nach Frischwaren bereits am Montagmorgen bzw. am Morgen nach einem Feiertag.[5]

[1] Vgl. BT-Drucks. 12/6990 S. 43.
[2] Vgl. BT-Drucks. 12/5888 S. 25.
[3] NZA 1993, 856.
[4] Vgl. Landmann/Rohmer § 10 GewO Rz. 20.
[5] OVG Münster, Beschluss v. 11.12.2017, 4 B 634/17; Vgl. auch ErfK/Wank § 10 ArbZG Rz. 14.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge