Zusammenfassung
Die Unternehmen stehen zunehmend im Spannungsfeld zwischen steigenden Personalkosten, Wettbewerbsdruck, Mangel an Fachkräften und Kundenforderungen nach Ausweitung oder Flexibilisierung der Betriebs- und Servicezeiten. Mit Überstunden, Aushilfskräften und befristeten Verträgen versuchten die Unternehmen bisher, die nötige Flexibilität zu organisieren. Diesen gebräuchlichen Anpassungsmodi ist gemeinsam, dass sie außerhalb des normalen Arbeitszeitkonzeptes stehen und jeweils ad hoc mühsam organisiert und teuer erkauft werden. Unregelmäßigkeit erschien als betriebliche Ausnahme, die mit Sondereinsätzen, Zuschlagszahlungen und anderen Anreizen bewältigt werden musste.
1 Mit Flexibilität mehr Gestaltungsspielraum für Unternehmen
Nachdem bis vor Kurzem vor allem die Frage der wöchentlichen Arbeitszeit Diskussionspunkt zwischen den Sozialpartnern war, treten in den letzten Jahren vermehrt Fragen einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung in den Vordergrund: Lage, Dauer und Verteilung werden zunehmend flexibilisiert, z. B. durch die Einführung einer Jahres- oder sogar einer Lebensarbeitszeit.
Stärker als bei herkömmlichen Arbeitszeitsystemen bedürfen nun diese flexiblen Arbeitszeitmodelle mit Arbeitszeitkonten der aktiven Planung, Steuerung und Kontrolle, eines sog. aktiven Arbeits(zeit)managements, um für Unternehmen wie Mitarbeiter effiziente und motivierende Lösungen zu realisieren.
2 Wünsche der Mitarbeiter/innen nach mehr Flexibilität
Mit dem Angebot flexibler Arbeitszeiten reagieren Unternehmen auf Mitarbeiterwünsche nach interessengerechten Arbeitszeiten und in manchen Branchen auch auf den Mangel an Fachkräften. Die lebenslange, vollzeitliche Berufsbiographie von Männern und teilweise auch von Frauen wird durch wirtschaftliche und familiäre Gegebenheiten sowie aufgrund eigener Bedürfnisse heute zunehmend in Frage gestellt. Der Wunsch nach lebensphasengerechter Arbeitszeit, d. h. nach Möglichkeiten der Änderung der Arbeitszeit im Verlauf der Erwerbsbiographie, z. B. unter Weiterbildungs- oder Familien-Aspekten und der Zunahme von Pflegewünschen von nahen Angehörigen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Beispielsweise äußern viele Beschäftigte und Arbeitssuchende den Wunsch, in gewissen Lebensphasen kürzer als die jeweilige Vollzeitnorm zu arbeiten. Bei entsprechenden Befragungen werden immer wieder Arbeitszeiten zwischen 30 und 35 Stunden genannt. Einbußen bei den Entgelten würden dafür in Kauf genommen.
Auch die Bereitschaft, im Interesse der Kundenorientierung Flexibilität zu beweisen, ist überwiegend recht groß. Häufig sind die Beschäftigten bereits flexibel, aber sie möchten rechtzeitig informiert werden und erwarten eine gerechte und transparente Planung.
3 Neue Arbeitszeitmodelle: Ein breites Spektrum, aber oft bleibt es nur beim Modell
Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Arbeitszeitmodellen. Viele Praxisbeispiele zeigen auf, welche Potenziale in innovativen Arbeitszeitmodellen stecken. Es gibt kreative und flexible Modelle auf Voll- und Teilzeitbasis, auch für qualifizierte Tätigkeiten für Fach- und Führungskräfte, für Frauen und Männer. Der Vielfalt der Variationen sind keine Grenzen gesetzt. Dazu gehören etwa Arbeitsformen wie flexible Jahres- und Lebensarbeitszeitregelungen, tägliche, wöchentliche, jährliche Arbeitszeitverkürzung, Formen des Job-Sharings oder der zeitautonomen Arbeitsgruppen, flexible Teilzeitschichten, die Vier-Tage-Woche, Langzeiturlaube, Sabbaticals oder der gleitende Altersruhestand.
Doch trotz aller inzwischen vorhandener Beispiele, von HP mit dem Langzeitkonto, IBM mit Telearbeit, VW mit der Vier-Tage-Woche und Zeitwertpapieren, BMW mit Langzeitkonten und Kurzsabbaticals und Siemens mit Teilzeitarbeit für Hochschulabsolventen darf eines nicht vergessen werden: Viele Unternehmen tun sich schwer mit Instrumenten wie Jahresarbeitszeitkonten, mit der phantasievollen Gestaltung von Teilzeitarbeit und insbesondere mit der erfolgreichen Umsetzung.
4 Das Zeitkonto: "Ein Instrument, um Plusstunden zu sammeln?"
Eine übliche Reaktion von Unternehmen auf erhöhte Auslastungsschwankungen ist die Veränderung der Arbeitszeitregelung, d. h. die Erhöhung der zugelassenen Bandbreiten des Zeitkontos (z. B. von 50 auf 100 Stunden). Diese Strategie ist nicht ohne Tücken, denn oft entpuppen die Zeitkonten sich als Instrument zum "Hamstern", das auf Blockfreizeiten abzielt. Die Saldenentwicklung passt sich zwar oft an Arbeitsspitzen an, aber ein Abbau der Arbeitszeitkonten bei Auslastungstälern findet nicht gleichermaßen statt. Vereinbarungen, welche die Umbuchung von Plusstunden am Jahresende vorsehen, ohne dass das Zustandekommen der Salden hinterfragt wird, sind für das Unternehmen ebenfalls kontraproduktiv. Es fehlt das wirtschaftliche Umgehen mit den Zeitkonten und das Haushalten mit dem vorhandenen Budget. Zur effektiven und interessengerechten Umsetzung der Modelle bedarf es eines aktiven Arbeits(zeit)managements.
5 Sind Vertrauensarbeitszeit und die Abschaffung der Zeiterfassung die Lösung?
Vor dem Hintergrund hoher Zeitsalden ziehen viele Unternehmen die Abschaffung der Zeiterfassung und die Einführung einer sog. Vertrauensarbeitszeit in Erwägung. Die Mitarbeiter sollen ihre Arbeitszeiten selbst managen, damit keine Plusstunden mehr anfallen oder diese kurzfristig wieder abbauen. Ziel ist der "unternehmerisch denkende Mitarbeiter"...
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