Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 40a Abs. 3 EStG 1975: Keine 2%-tige Pauschalbesteuerung für dauerhaft im Weinbau eingesetzte Erntehelfer. Lohnsteuerhaftung 1973 bis März 1977

 

Leitsatz (amtlich)

(1) Ein 2%-tige Lohnsteuerpauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG 1975 für Erntehelfer im Weinbau scheidet jedenfalls dann aus, wenn dieselben Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg jedes Jahr und jeden Monat für einige Tage beschäftigt werden, da insoweit nicht mehr von einer Beschäftigung „von Fall zu Fall”, sondern von einer wiederkehrenden Tätigkeit auszugehen ist.

(2) Liegen die Voraussetzungen für eine 10%-tige Lohnsteuerpauschalierung nach § 40a Abs. 1 EStG 1975 vor, so kann diese vor Entscheidung über das Hauptsacheverfahren ohne Antrag des Steuerpflichtigen nicht durchgeführt werden.

(3) Eine 10%-tige Besteuerung kann jedoch in Anlehnung an die Regelbesteuerungsvorschriften der § 35b Abs. 1 LStDV i.V.m. Abschn. 52c LStR 1972 im Schätzungswege durchgeführt werden, wenn sich die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln lassen und ein Fall des § 37 Abs. 1 LStDV nicht vorliegt.

(4) Nach Änderung der Rechtslage in 1975 scheidet ein Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber in Pauschalierungsfällen aus, da dieser für die pauschalierte Lohnsteuer nach § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG unmittelbarer Steuerschuldner ist.

 

Normenkette

EStG 1975 § 40a Abs. 2, 1; LStDV § 35b Abs. 1; LStR 1972 § 52c Abs. 1; EStG 1975 § 40 Abs. 3 S. 2; AO § 162 Abs. 1

 

Tenor

I. Der Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 11. Mai 1977 und die Einspruchsentscheidung von 11. Dezember 1979 werden aufgehoben, soweit Lohnsteuernachforderungen für die Jahre 1975, 1976 und die Monate Januar bis März 1977 geltend gemacht werde. Die Lohnsteuer-Haftsumme wird auf 895,84 DM herabgesetzt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten je zur Hälfte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

In der Sache streiten die Beteiligten über die Besteuerung der Löhne für Aushilfskräfte im Weinbau.

Der Kläger beschäftigte in den Streitjahren 1973 bis März 1973 Herrn R. sowie Frau F. und S. als Aushilfskräfte in seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Arbeitnehmer waren während dieses Zeitraums fast jeden Monat für den Kläger tätig. Wegen der Einzelheiten (gezahlte Arbeitslöhne und Umfang der Tätigkeit) wird auf die von den Beteiligten vorgelegten Aufstellungen (Prozeß – Akte Bl. 11 – 13 und 18 – 21) sowie auf die Feststellungen des Lohnsteuer – Prüfers (Bl. 7 – 13 der Lohnsteuer – Akte) verwiesen.

Der Lohnsteuer – Außenprüfer war der Ansicht, die Aushilfskräfte seien nicht von Fall zu Fall, sondern ständig wiederkehrend bei dem Kläger beschäftigt. Deshalb sei die Pauschalierung der Lohnsteuer gemäß § 40 a Abs. 2 EStG 1975 unzulässig. Jedoch lägen die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 a Abs. 1 EStG 1975 – geringer Umfang und geringer Arbeitslohn – vor.

Mit Bescheid vom 11. Mai. 1977 nahm das Finanzamt den Kläger in Höhe der Differenz (= 8 v. H. des Arbeitslohnes) als Haftenden in Anspruch. Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.

Der Kläger trägt vor: Er bewirtschafte einen Weinbaubetrieb von 9 ha. Zur Bewältigung der in Spitzenzeiten anfallenden Arbeiten (Rebschnitt und Anbinden im Frühjahr, Laubarbeiten im Sommer und Einbringung der Ernte im Herbst) beschäftige er Aushilfskräfte. Da die drei Arbeitskräfte nicht laufend, sondern nur saisonbedingte Arbeiten verrichteten, läge eine Beschäftigung von Fall zu Fall vor. Ein Dauerarbeitsverhältnis bestehe nicht.

Der Kläger beantragt,

den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 11. Mai 1977 und die Einspruchsentscheidung vom 11. März 1979 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise:

    die Revision zuzulassen.

Es ist der Ansicht, da eine Pauschalierung nach § 40 a Abs. 2 EStG nicht zulässig sei, der Kläger eine Pauschalierung nach. § 40 a Abs. 1 EStG weder durchgeführt noch begehrt habe, müsse das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen (§ 162 Abs. 1 AO). Bei der Schätzung halte das Finanzamt unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Tatsachen einen Steuersatz von 10 v. H. für angemessen. Deshalb sei die Lohnsteuer in Höhe der Differenz von dem Kläger als Haftendem zu fordern.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 19. März und 24. Juli 1980 und des Finanzamts vom 18. April 1980 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet. Das Finanzamt durfte den Kläger für den Zeitraum 1975 bis März 1977 wegen nachzufordernder Lohnsteuer nicht als Haftenden in Anspruch nehmen.

I. Haftungsbescheid

1. Der angefochtene Bescheid vom 11. Mai 1977 ist ein Haftungsbescheid (§ 191 Abs. 1 AO).

Die Frage, ob durch den Bescheid des Finanzamts ein Steueranspruch oder ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird, ist nur nach dem Villen zu entscheiden, den das Finanzamt unter Berücksichtigung der Umstände durch den Bescheid selbst bekundet h...

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