Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit sogenannter Mitfahrer- bzw. Mitnahmepauschalen bei Arbeitnehmern

 

Leitsatz (amtlich)

Sog. Mitfahrer- bzw. Mitnahmepauschalen sind bei Arbeitnehmern innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes seit dem Veranlagungszeitraum 2014 nicht (mehr) steuerfrei.

 

Normenkette

EStG § 3 Nrn. 13, 16, § 9 Abs. 1 Nr. 4a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 05.05.2017; Aktenzeichen VI B 90/16)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die dem Kläger von seinem Arbeitgeber gezahlte sog. Mitfahrerpauschale nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei ist.

Der Kläger erzielt als Steuerberater und vereidigter Buchprüfer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für im August 2014 mit dem eigenen PKW durchgeführte beruflich veranlasste Dienstreisen erhielt er von seinem Arbeitgeber für jede mitgenommene Person einen Kilometersatz in Höhe von 0,02 € je Fahrtkilometer, insgesamt einen Betrag von 8,60 €. Die Auszahlung erfolgte im Rahmen der Gehaltsabrechnung September 2014.

Der Arbeitgeber des Klägers behandelte diesen Teil der Wegstreckenentschädigung als Bestandteil des steuerpflichtigen Arbeitslohnes und behielt anteilig Lohnsteuer ein, die er in der Lohnsteuer-Anmeldung für September 2014 (beim Beklagten eingegangen am 9. Oktober 2014, Blatt 7 der Lohnsteuerakte) berücksichtigte und an den Beklagten abführte.

Mit Schreiben vom 15. November 2014 (Blatt 9 der Lohnsteuerakte) beantragte der Kläger die Änderung der Lohnsteueranmeldung September 2014 nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO. Er machte geltend, die aus öffentlichen Kassen gezahlten Mitnahmeentschädigungen (z.B. nach den Landesreisekostengesetzen der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, jeweils § 6 Abs. 4) seien nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei. Deshalb müssten auch Mitnahmeentschädigungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber erhielten, nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sein. Anderen Falles liege eine gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßende steuerliche Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes vor.

Mit Bescheid vom 20. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung der Lohnsteueranmeldung September 2014 ab und führte zur Begründung Folgendes aus:

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl. I Seite 285, BStBl I Seite 188) seien die bisherigen steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht umgestaltet worden. Die steuerliche Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrtkosten im Zusammenhang mit einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit sei danach zwar im Wesentlichen unverändert geblieben, neu sei allerdings, dass die amtlichen Kilometersätze nicht mehr durch Verwaltungsanweisung (bis Veranlagungszeitraum 2013 H 9. 5 " Kilometersätze" LStH 2013) festgelegt würden, sondern sich an der jeweils aktuellen Wegstreckenentschädigung des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) orientieren würden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung). Während die Verwaltungsanweisung noch eine Regelung zur Zahlung einer sog. Mitnahmepauschale von 0,02 € je Person und Kilometer enthalten habe, sehe das BRKG (im Gegensatz z.B. zum rheinland-pfälzischen Landesreisekostengesetz) eine solche Wegstreckenentschädigung nicht mehr vor. Deshalb sei die dem Kläger gezahlte Wegstreckenentschädigung nicht steuerfrei, denn nach § 3 Nr. 16 EStG seien an einen Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes gezahlte Reisekosten nur dann steuerfrei, soweit sie die nach § 9 als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen würden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sei nicht zu erkennen. Bereits das Finanzgericht Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 22. Oktober 2010 (10 K1768/10) entschieden, dass die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, die nach den Reisekostengesetzen der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine pauschale Wegstreckenentschädigung von 0,35 € pro Kilometer vorsehen würden, bei der Berechnung der pauschalen dienstlichen Fahrtkosten eines nicht im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers nicht berücksichtigt werden könnten. Gleiches müsse für die hier streitige Mitnahmepauschale geltend. Dies sei nach dem Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 15. März 2011 VI B 145/10 verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde sei nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, weder bei dem genannten Beschluss des BFH (über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das o.g. Urteil des FG Baden-Württemberg) noch bei dem Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts handle es sich um eine Entscheidung zur Sache und die Sachentscheidung des FG Baden-Württemberg sei unzutreffend, weil das FG die Besonderheiten von Pauschbetragsregelungen nicht berücksichtigt habe (wurde ausgeführt). Unabhängig davon seien die Ausf...

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