Entscheidungsstichwort (Thema)

Anscheinsbeweis, Verbot der Privatnutzung, tatsächliche Privatnutzung, Fahrtenbuch

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Entscheidung des Arbeitnehmers, einen ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen PKW nicht für Privatfahrten zu nutzen, stellt kein Verbot der Privatnutzung dar.

2) Der Anscheinsbeweis, dass ein vom Arbeitgeber auch zur privaten Nutzung überlassener PKW auch tatsächlich für Privatfahrten genutzt wird, wird nicht entkräftet durch den Vortrag, für private Fahrten ein Motorrad oder PKWs von Familienmitgliedern zu nutzen, die ihm nicht nachweislich zur freien Verfügung stehen.

3) Ein Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß, wenn es nur in Form kopierter Einzelblätter vorgelegt wird, die Fahrtziele nur mit intern für die Kunden verwendeten Nummern bezeichnet, die auch nach weiterer Erläuterung keine zweifelsfreie Ortsbezeichnung zulassen, und zudem die Anfangs- und Endpunkte der Fahrten nicht benennt.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2 Sätze 2, 3 und 4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.02.2014; Aktenzeichen VI R 39/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 2006 bis 2010 ein betrieblich überlassenes KFZ auch privat genutzt und hieraus einen geldwerten Vorteil gezogen hat.

Der Kläger ist verheiratet und wurde mit seiner Ehefrau in den Jahren 2006 bis 2009 zusammen, im Jahr 2010 getrennt zur Einkommensteuer veranlagt.

Er ist Gesellschafter der am 17.07.1995 gegründeten X. GmbH mit Sitz in Y. (im Folgenden: „GmbH”), an deren Stammkapital er zu 50 % beteiligt ist. Weiterer Gesellschafter ist der Zeuge N. S.. Beide Gesellschafter sind zudem einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH. Gegenstand des Unternehmens der GmbH ist die umfassende Bewirtung von … in Einrichtungen aller Art, die Belieferung von Kunden mit … sowie alle mit der Bewirtschaftung … solcher Organisationen zusammenhängenden Aufgaben. Die Ehefrau des Klägers ist für die GmbH als Angestellte tätig.

Bereits am 01.06.1996 schloss der Kläger mit der GmbH einen Geschäftsführervertrag. In § 2 des Vertrags war ein monatliches Gehalt vereinbart, mit dem auch eine eventuell anfallende Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden abgegolten sein sollte. Zu einer Überlassung eines betrieblichen KFZ enthielt der Geschäftsführervertrag keine Regelungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 01.06.1996 verwiesen.

Die GmbH überließ dem Kläger im Streitzeitraum für betriebliche Zwecke jeweils ein Fahrzeug der Marke BMW, und zwar zunächst ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen AA-BB 01 und ab Dezember 2008 ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen AA-BB 02. Für dieses Fahrzeug war im Versicherungsschein der Z.-Versicherung als Art der Fahrzeugnutzung notiert „privat/geschäftlich/freiberufl.”. Im Jahr 2010 erfolgte aufgrund eines Unfallschadens ein weiterer Fahrzeugwechsel.

Im Jahr 2009 führte der Beklagte bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 durch. In seinem Bericht vom 30.12.2009 gelangte der Prüfer, der Zeuge D. F., zu dem Ergebnis, den verschiedenen Arbeitnehmern der GmbH hätten im Prüfungszeitraum firmeneigene KFZ für die Privatnutzung uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung gestanden. Der monatliche Sachbezug sei bisher nicht in zutreffender Höhe der Lohnversteuerung unterworfen worden. Da ein Fahrtenbuch nicht bzw. nicht ordnungsgemäß geführt worden sei, sei der geldwerte Vorteil mit monatlich 1 v.H. des Bruttolistenpreises anzunehmen. Zusätzlich sei der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit monatlich 0,03 v.H. des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer (13 km) zu erfassen. Für den Kläger ergebe sich hieraus zusätzlich zu versteuernder Arbeitslohn von je 3.127,80 EUR in den Jahren 2006 und 2007 sowie 10.306,80 EUR im Jahr 2008. Für den Zeitraum Januar bis Juni 2009 ergebe sich zusätzlicher Arbeitslohn von 5.528,70 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 30.12.2009 verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung seines Prüfers an und erließ am 11.03.2010 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 sowie einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 2008 gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau. Hierin legte er entsprechend dem Prüfungsbericht erhöhte Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde und setzte die Einkommensteuer auf …,– EUR (2006), …,– EUR (2007) und …,– EUR (2008) fest. Die Änderungen für 2006 und 2007 beruhten auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der AbgabenordnungAO –.

Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau am 12.04.2010 Einspruch ein und führten aus, bei der GmbH habe ein Fahrzeug-Pool bestanden, wodurch mehreren Arbeitnehmern verschiedene Fahrzeuge auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden hätten. Der Beklage habe daher den geldwerten Vorteil unrichtig berechnet. Anstatt auf nur „ein” dem Kläger zugeordnetes Fahrzeug abzustellen, hätte er einen Mittelwert zwischen allen zur Verfügung stehenden Fahrzeugen bilden und auf diesen Mittelwert die 1 v.H.-Regelung anwen...

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