rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rabattfreibetrag bei verbilligtem Strombezug durch Arbeitnehmer des Stromnetzbetreibers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber den Sachbezug während der aktiven Tätigkeit des Arbeitnehmers oder während des Ruhestands zu Versorgungszwecken gewährt.

2. Auch elektrischer Strom gilt als Ware im Sinne von § 8 Abs. 3 EStG.

3. Dem Rabattfreibetrag unterliegt auch die verbilligte Lieferung elektrischen Stroms an ehemalige Arbeitnehmer eines Stromnetzbetreibers durch eine Tochtergesellschaft, da der Stromnetzbetreiber bei wertender Betrachtung als Hersteller des von seinem ehemaligen Arbeitnehmer bezogenen Stroms anzusehen ist.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 3 S. 2, Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 19

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 13. Juni 2012 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2015 werden dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ein Rabattfreibetrag i.H.v. 1080 EUR berücksichtigt und die Einkommensteuer auf dieser Grundlage neu berechnet wird

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzung für die Gewährung eines Rabattfreibetrages gemäß § 8 Absatz 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen.

Die Kläger sind Rentner und wurden im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte neben seinen Renteneinkünften Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Versorgungsbezügen von der A AG. Er ist ehemaliger Angestellter der …, die ab 2001 mit der A AG fusioniert wurde. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Aufhebungsvertrag vom 14. Oktober 1999 zum 28. Februar 2003 aufgehoben. Der Aufhebungsvertrag enthält neben verschiedenen Regelungen, u.a. zu einer ab Bezug der Altersrente zu zahlenden Betriebsrente, einen Hinweis, dass die Weitergewährung des Werktarifs (für den Bezug von begünstigtem Strom) sich nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung Nr. … in der jeweils gültigen Fassung richtet.

Der Kläger hatte seinen Strom ursprünglich von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der A AG, bezogen und aufgrund des für ihn geltenden Werktarifs einen Nachlass auf den von ihm verbrauchten Strom erhalten. Der geldwerte Vorteil aus dem verbilligten Strombezug wurde bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit erfasst und nach § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) unter Berücksichtigung des Rabattfreibetrags von 1.080 EUR bewertet.

Im Streitjahr bezog der Kläger seinen Strom nicht mehr von der A AG als Stromlieferanten, sondern von der A Vertriebs GmbH, einer 100 %-igen Tochter der A AG. Grund dafür war, dass nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Energieversorger verpflichtet waren, die Tätigkeit als Verteilernetzbetreiber von den sonstigen Tätigkeiten der Energieversorgung zu trennen (§ 7 EnWG). Die Entflechtung erfolgte im A Konzern dadurch, dass A AG jetzt nur noch als Verteilernetzbetreiber fungierte und die vertrieblichen Aktivitäten auf die A Vertriebs- GmbH übergingen. Die A Vertriebs GmbH gewährte dem Kläger die bisherige Ermäßigung auf die Stromlieferung laut Werktarif.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 teilte die A AG dem Kläger mit, dass aufgrund der aktuellen steuerlichen Rechtslage in Bezug auf das Stromdeputat für Mitarbeiter und Rentner der A AG oder ihrer Vorgängerfirmen der Bezug des Stromdeputats steuer- und sozialversicherungspflichtig sei und die bisher gewährten Freibeträge im Rahmen der Betriebsrentenabrechnung nicht mehr berücksichtigt werden könnten, da die Rabattgewährung durch eine Drittfirma erfolge.

Dieser geldwerte Vorteil aus dem Stromdeputat betrug im Streitjahr 2.573,55 EUR und wurde von der A AG der Lohnbesteuerung unterworfen.

Das beklagte Finanzamt minderte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung den in den erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit enthaltenen geldwerten Vorteil aus dem Stromdeputat in Höhe von 2.573,55 EUR nicht um den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 13. Juni 2012 erhoben die Kläger Einspruch und beantragten den Abzug des streitigen Freibetrags. Sie legten hierzu ein Gutachten vom 12. Juni 2012 vor, das der Spartenbetriebsrat der A AG in Auftrag gegeben hatte und demzufolge der Rabattfreibetrag in Abzug zu bringen sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2015).

Ihre hiergegen gerichtete Klage begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt:

Die interne Umstrukturierung des Arbeitgebers des Klägers könne nicht zu einer geänderten rechtlichen Bewertung in Bezug auf das Stromdeputat führen, so dass dem Kläger der bisher gewährte Freibetrag unabhängig von den internen Umst...

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